Gewaltkriminalität in Bremen: Flutlicht am Ziegenmarkt

Seit Juli sind Gewalttaten im Viertel um 17 Prozent gestiegen. Dabei ist die Polizeipräsenz dort erhöht worden. Jetzt wird noch mal nachgelegt.

Eingang zur Helenenstraße

Hier haben jetzt Kameras jeden im Blick: Eingang zur Helenenstraße. Foto: Jan Zier

BREMEN taz | Wer an diesem Wochenende im Viertel unterwegs ist: Bitte am Ziegenmarkt nicht erschrecken! Der nämlich wird, wie schon am vergangenen Samstag, in taghelles Licht getaucht sein – und zwar durch die Polizei.

„Wir wollen durch Licht und verstärkte Präsenz Angstorte sichtbar machen“, sagt Polizeisprecherin Franka Haedke. Denn es gebe im Bereich Ziegenmarkt und Helenenstraße eine „spürbare, leichte Zunahme von Gewaltkriminalität“. Rose Gerdts-Schiffler, Sprecherin der Innenbehörde, spricht hingegen von einem „eklatanten Anstieg von Gewaltstraftaten“: Seit Juli hätten die um 17 Prozent zugenommen. Es gebe in dieser Ecke des Steintorviertels außerdem viel Drogenhandel, „und auch Freier, die in die Helenenstraße wollen, werden in Straftaten involviert.“

Gerdts-Schiffler bestätigt, dass auch für die nächsten Wochenenden geplant sei, am Ziegenmarkt mit grellem Licht zu „arbeiten“. Eine stationäre Videoüberwachungsanlage soll an der Helenenstraße angebracht werden – damit würde der in der letzten Innendeputation diskutierte Überwachungsausbau, nämlich am Hauptbahnhof, am Marktplatz, an der Domsheide und am Vegesacker Bahnhof, noch weiter ausgeweitet. Und auch die Waffenverbotszone, die bisher lediglich im Bereich Bahnhof und Diskomeile galt, soll laut Gerdts-Schiffler bis ins Viertel ausgeweitet werden.

Während Franka Haedke davon spricht, dass AnwohnerInnen und PassantInnen am vergangenen Wochenende auf die Flutlichtaktion „vorwiegend positiv“ reagiert hätten, zweifelt Hellena Harttung, Ortsamtleiterin Mitte/Östliche Vorstadt, am Sinn dieser Maßnahme: „Man fragt sich schon, ob eine so massierte Aktion an einem Ort wirklich nottut“, sagt sie. Sie hätte bereits von mehreren Menschen aus dem Viertel gehört, „dass dieses Licht ein mulmiges Gefühl auslöst – man fragt sich sofort: Was ist denn hier passiert?“

Eine berechtigte Frage, gerade vor dem Hintergrund, dass erst Anfang des Monats unmittelbar an der Ecke zur Helenenstraße ein Mann bei einer Messerstecherei zu Tode gekommen ist. „Damit haben unsere verstärkten Maßnahmen allerdings nichts zu tun“, sagt Haed­ke, denn es sei klar, dass hier kein Zusammenhang zum Milieu vorgelegen habe. Auch die Pläne der Innenbehörde, die Mauer zur Rotlichtmeile Helenenstraße abzureißen, sei keine Reaktion auf die Gewalttat, sondern auf die bereits seit Monaten gestiegene Kriminalität.

Dabei ist die Polizeipräsenz im Viertel im vergangenen Jahr bereits massiv erhöht worden für „Schwerpunkteinsätze“ gegen Drogenhändler beispielsweise oder gegen „Antanzdiebstähle“. Letztere, sagt Hellena Harttung, seien in der Tat zurückgegangen, „aber insgesamt ist die Kriminalität trotz verstärkter Polizeipräsenz gestiegen“.

Trotzdem setzt die Innenbehörde nach wie vor auf „viel hilft viel“. Immerhin: Über die Mauer an der Helenenstraße „müssen wir noch mal mit allen Akteuren reden“, sagt Gerdts-Schiffler. Denn zu den Abrissplänen gab es bereits Kritik der Beratungsstelle Nitribitt. „Der Sichtschutz muss bleiben“, sagt auch Harttung. Allerdings müsse man sich überlegen, „ob man wenigstens die vollgemüllte und wirklich eklige Mauerecke zur Helenenstraße wegbekommt und vielleicht ein Pissoir dorthin stellt“.

Noch vor Weihnachten will die Innenbehörde zum Thema Helenenstraße eine öffentliche Veranstaltung ausrichten, auf der auch Beirat und Ortsamt zu Wort kommen sollen.

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