Gewalt an Berliner Schulen: Grundschulen im Fokus

Berliner Schulen melden einen steigenden Hilfebedarf bei Gewaltvorfällen, zeigt eine Evaluation der Meldezahlen. Cybermobbing kommt zunehmende Bedeutung zu.

Tatort Schulhof: Seit Jahren wird in Berlin über steigende Gewaltmeldungen diskutiert Foto: picture alliance/Christian Charisius/dpa

Die Gewaltbereitschaft an Berliner Schulen nimmt ab, insbesondere körperliche Gewalt spielt weniger oft eine Rolle. Zugleich kommt Cybermobbing aber auch Gewalt unter GrundschülerInnen eine wachsende Bedeutung zu.

Das sind die wichtigsten Erkenntnisse zu Schulgewalt, die Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) am Montag vorstellte. Experten hatten das Meldeverhalten der Schulen im Zeitraum September 2016 bis 2017 evaluiert um herauszufinden: Warum melden Schulen Vorfälle? Und bedeuten mehr gemeldete Gewaltvorfälle tatsächlich auch ein größeres Gewaltproblem an den Schulen?

„Natürlich können wir das öffentliche Interesse an dem Thema nachvollziehen“, sagte Scheeres. Und natürlich habe auch sie dringend wissen wollen: „Wie sind die Zahlen zu bewerten?“

Seit Jahren steigen die Meldungen über Gewaltvorfälle. Wurden im Schuljahr 2010/11 noch rund 1.500 Fälle gemeldet, waren es 2016/17 knapp 4.000. Bei der Frage nach dem „Warum“ dreht man sich aber beharrlich im Kreis: Gibt es wirklich mehr Schulhofgewalt? Oder melden die Schulen nur einfach mehr von dem, was zuvor im Dunkeln blieb?

„Mehr Schulen melden mehr reale Fälle“, sagt Albrecht Lüter von der Arbeitsstelle Jugendgewaltprävention, die an der Evaluation beteiligt war. Geschlecht und Herkunft der SchülerInnen oder die Kiezlage der Schulen seien dabei allerdings keine bestimmenden Parameter. Und ein erhöhter Sensibilisierungsgrad – durch Prävention und Lehrerfortbildungen – sei ein Grund, könne aber auch nicht zur Gänze die gestiegenen Meldezahlen erklären.

Fokus auf die Grundschulen

„Die Grundschulen sind ein zentraler Punkt“, sagt Lüter. „Rechnet man die raus, sähe die Statistik anders aus.“ Über die Hälfte der Gewaltmeldungen 2016/17 kam aus den Grundschulen. Das könne man so interpretieren, dass diese zuletzt verstärkt in den Fokus von Präventionsarbeit rückten. „Wir wissen, dass wir in der Kita anfangen müssen – sonst verfestigen sich Verhaltensweisen“, sagte Scheeres.

Man kann daraus aber auch einen größeren Hilfebedarf lesen: Scheeres kündigte an, zum kommenden Schuljahr zusätzliche Stellen für Schulsozialarbeit in der Grundstufe schaffen zu wollen. Auch das Meldeverfahren soll überarbeitet werden. Es fehle zum Beispiel eine Kategorie für Cybermobbing, sagte Scheeres: „Das ist das, was früher die körperliche Gewalt war.“

Grundsätzlich empfinden die Schulleitungen das Meldeverfahren als hilfreich, hatte eine Befragung von 337 Schulleitungen ergeben: Sie nutzten es zum einen als „Signal gegenüber Eltern und Schülern“, zum anderen als Signal nach außen, sagte Co-Evaluator Markus Koetzle: „Die Botschaft ist: Wir brauchen mehr Unterstützung als früher.“

Insbesondere wünschen sich die Schulen nicht nur Beratung, sondern „unmittelbare Entlastung“ seitens Schulpsychologie und Jugendämtern „im Sinne der Übernahme von schwierigen Fällen“. Das dürfte schwierig werden: Die bezirklichen Jugendämter sind selbst chronisch überlastet.

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