Gesundheitspolitik über den Geldbeutel: Dänemark führt Fettsteuer ein

Der Handel in Dänemark ist verärgert: Die Regierung hat eine "Gesundheitssteuer" beschlossen. Bemessungsgrundlage ist der Fettgehalt von Lebensmitteln.

Demnächst durch Fettsteuer teurer: Butter in Dänemark. Bild: dpa

STOCKHOLM taz | Butter und Margarine werden 10 bis 15 Prozent teurer und ihre traditionelle Martinsgans wird für DänInnen im kommenden Jahr 5 bis 8 Prozent mehr kosten. Die Regierung in Kopenhagen hat in dieser Woche beschlossen, zum 1. Juli 2011 eine "Fettsteuer" auf Lebensmittel wie Fleisch- und Molkereiprodukte einzuführen: Umgerechnet sind es 1,80 Euro pro Kilogramm gesättigte Fettsäuren. Damit soll dem Übergewicht der BürgerInnen zu Leibe gerückt werden. Der Nebeneffekt: jährlich 200 Millionen Euro mehr für die Staatskasse.

Der Verzehr fetter Produkte stelle einen "Risikofaktor" dar, der "zur Ausbreitung von Volkskrankheiten beiträgt", heißt es in der Gesetzesbegründung. Eine Fettsteuer werde nicht nur die Kosten der Allgemeinheit für die öffentliche Gesundheitsvorsorge entlasten, sondern langfristig auch die Lebenserwartung der DänInnen erhöhen. Die Steuer, so hofft man, werde die Bevölkerung veranlassen "Produkte mit einem niedrigeren Anteil an gesättigtem Fett zu wählen".

Die Einführung einer Fettsteuer wird in Dänemark schon seit Jahren diskutiert, ein Inkrafttreten des neuen Gesetzes war aber wiederholt verschoben worden. Es gab Komplikationen mit dem EU-Recht, und Kopenhagen hatte gehofft, zumindest einige EU-Länder für eine gemeinsame Linie gewinnen zu können. Doch bislang gibt es lediglich im möglichen künftigen Mitgliedsland Island konkrete Pläne, eine ähnliche Fettabgabe einzuführen.

Auch die faktische Ausgestaltung des Gesetzes, bei dem Steuerexperten schon vorab ein bürokratisches Chaos vorhersagen, machte Probleme. Deshalb gibt es nun auch eine "Bagatellgrenze" von 3,5 Prozent Fett, gesättigtes wie ungesättigtes. Nur Lebensmittel, die über dieser Fettgrenze liegen, werden erfasst. Vollmilch bleibt damit verschont. Der Molkereibranche genügt das nicht: Auch magerer Käse, der als gesund gelte, werde nun teurer.

Insgesamt werde Käse das Produkt sein, über das der größte Anteil in den neuen Steuertopf geleitet werde. "Mit Gesundheitspolitik hat das nichts zu tun", meint Carl Aage Dahl von der Landwirtschaftsorganisation Landbrug og Fødevarer. Da wäre es sinnvoller, die Mehrwertsteuer auf Obst, Gemüse und Fisch zu streichen.

Weil Dänemark einen Alleingang macht und es bislang auf EU-Ebene keine Pflicht zur Ausweisung des Gehalts gesättigter und ungesättigter Fettsäuren in Fertigprodukten gibt, erwartet der Einzelhandel erhebliche Mehrkosten. Kann der Fettgehalt von Pizzen oder Keksen nicht exakt nachgewiesen werden, gilt ein erhöhter pauschaler "Strafsatz". Die Fettsteuer werde die Inflation um 0,2 bis 0,3 Prozent nach oben treiben, hat der Handel ausgerechnet.

Ernährungsexperten sind sich uneinig. Zwar könne eine Steuer tatsächlich zur Veränderung der Ernährungsgewohnheiten beitragen, doch seien deren Auswirkungen auf die Gesundheit nicht zwingend positiv. Umfassendere Ernährungsberatung sei womöglich sinnvoller.

Kritisiert wird auch, dass Geringverdienerhaushalte proportional am meisten von der neuen Steuer belastet werden. Finanzminister Troels Lund Poulsen verteidigt die "Gesundheitssteuer": "Das ist Bestandteil eines größeren Pakets, mit dem die Besteuerung des Faktors Arbeit entlastet und gleichzeitig ein Anreiz zu weniger Umweltverschmutzung, Tabak und ungesunden Lebensmitteln gegeben werden soll."

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