Gestra-Mitarbeitende fürchten Verkauf: Blick in eine Glaskugel

Die Gestra-Beschäftigten bangen um ihre Arbeitsplätze und fühlen sich beim geplanten Verkauf durch den Mutterkonzern Flowserve übergangen

Menschen demonstrieren auf einem Betonplatz. Ein Frau hält ein Mikro, circa zwanzig Personen hören zu, einige halten Schilder

Gestra-Mitarbeitende haben Angst um ihre Zukunft Foto: Simone Schnase

BREMEN taz | Die Gestra-Beschäftigten sind sauer: Am gestrigen Dienstag protestierten sie gegen den geplanten Verkauf des Unternehmens durch ihren Mutterkonzern Flowserve, vor allem aber gegen das Schweigen des US-Konzerns: „Die Informationspolitik von Flowserve ist gleich null“, sagte die Betriebsratsvorsitzende Katja Pilz.

380 MitarbeiterInnen hat der in Findorff ansässige Produzent von Armaturen und Ventilen, das sind bereits 20 weniger als im vergangenen Jahr: Der niedrige Ölpreis hat Flowserve, das auch im Ölgeschäft tätig ist, in eine Krise gestürzt. In der Folge gab es Stellenkürzungen auch bei der Bremer Gestra-Belegschaft. Dabei geht es der Firma gut: „Wir schreiben schwarze Zahlen, deswegen will Flowserve uns ja auch verkaufen“, sagt Pilz und nennt Gestra eine „Cash-Cow“.

Über die Umstrukturierungen im vergangenen Jahr habe es kaum Informationen gegeben, sagt IG-Metall-Sprecher Ernesto Harder. Damals wollte der Konzern zu Lasten von Bremer Arbeitsplätzen unter anderem in Indien eine zusätzliche Infrastruktur aufbauen. „Erst auf unseren Druck haben die uns überhaupt über ihre Pläne informiert“, so Harder.

Auf einmal sei von Umstrukturierung aber keine Rede mehr gewesen, sondern von Verkauf – allerdings erst einmal nur gerüchteweise. Anfang dieses Jahres berichtete dann das Magazin „Finance“, dass erste Kaufangebote eingegangen seien und dass der Verkaufspreis bei bis zu 180 Millionen Euro läge. „Die Entscheidung, einen Betrieb zu verkaufen, ist zwar mitbestimmungsfrei, aber trotzdem sollten Betriebsrat und Belegschaft wissen, was passiert. Die Leute haben doch Ängste – der Blick in die Zukunft ist für uns momentan wie der Blick in eine Glaskugel“, sagt Harder. Aber das börsennotierte Unternehmen mit Sitz in Texas interessiere das nicht.

Nächste Woche soll die Entscheidung fallen

Was Gewerkschaft und Betriebsrat allerdings herausgefunden haben: Es gibt zwei Kaufinteressenten, die noch im Rennen sind, bevor spätestens nächste Woche die Entscheidung darüber fällt, an wen das Unternehmen verkauft werden soll. Zum einen handelt es sich dabei um Emerson Electric und zum anderen um Spirax-Sarco Engineering.

Vor allem der zweite Bewerber bereitet dem Betriebsrat Sorge: „Da gibt es große Überschneidungen im Produktprogramm, die gleiche Kundschaft, Parallelstrukturen, die überflüssig werden“, sagt Pilz. Dass mit der Übernahme durch Spirax-Sarco mindestens Arbeitsplätze bei Gestra abgebaut würden, sei deswegen höchst wahrscheinlich.

Katja Pilz, Gestra-Betriebsrat

„Die Informationspolitik von Flowserve ist gleich null“

Auch der andere Bewerber Emerson steht keineswegs für den Erhalt der Bremer Arbeitsplätze. Das US-Unternehmen beschäftigt in weltweit 250 Werken über 100.000 Mitarbeiter: „Das ist ein riesiger Konzern mit Matrixstrukturen. Unsere Befürchtungen sind groß, dass wir im Falle eines Kaufs durch Emerson zu einem reinen Engineering- oder Produktionsstandort verkommen“, sagt Pilz.

Auch Dieter Reinken, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, sagt: „Gestra darf auf keinen Fall ausgeliefert werden.“ Er wünsche sich „einen Investor, der dieses erfolgreiche Bremer Unternehmen zu schätzen weiß – und gemeinsam mit den Beschäftigten am bisherigen Standort weiterarbeitet“.

Das wollen auch die Gestra-Mitarbeitenden. „Wir haben eine Zukunft verdient“, steht auf ihren Transparenten und „Standort Bremen muss bleiben“. Ob der wirklich in Gefahr ist, weiß freilich niemand so genau. Noch nicht.

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