Gerichtsentscheid zu Wiederaufnahme: Gustl Mollath bleibt in der Anstalt

Das Regensburger Landgericht lehnt eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu Gustl Mollath ab. Er sitzt seit 2006 gegen seinen Willen in der Psychiatrie.

Schlechte Nachrichten für Gustl Mollath. Bild: dpa

MÜNCHEN taz | Gustl Mollath, der seit sieben Jahren gegen seinen Willen in der forensischen Psychiatrie einsitzt, muss vorerst in der Anstalt bleiben. Sein Fall wird nicht neu aufgerollt. Das hat das Landgericht Regensburg entschieden. Es verwarf die beiden Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens als unzulässig, wie ein Sprecher am Mittwoch mitteilte.

Das Gericht könne weder im Antrag des Untergebrachten noch in dem der Staatsanwaltschaft einen zulässigen Wiederaufnahmegrund erkennen. Es sehe daher keine Möglichkeit zu einer Wiederaufnahme des Verfahrens.

Das Gesetz erlaube nur in engen Grenzen die Wiederaufnahme eines rechtskräftigen Urteils, hieß es. „Nicht ausreichend ist, wenn im Rahmen eines Urteilsverfahrens Fehler gemacht werden oder ein Urteil Sorgfaltsmängel erkennen lässt.“

Mollaths Rechtsanwalt Gerhard Strate zeigte sich von der Entscheidung nicht überrascht. „Ich habe am Montag mit Herrn Mollath gesprochen, und wir waren uns einig, dass wir von diesem Gericht nichts anderes erwarten“, sagte er der taz.

Fünf Monate bis zur Entscheidung

„Die Richter haben sich immens viel Zeit gelassen“, kritisierte der Fraktionsvorsitzende der Landtags-Grünen, Martin Runge, der auch im Untersuchungsausschuss des bayerischen Landtags mit dem Fall befasst war. Mollaths Verteidiger hatte den Antrag bereits im Februar 2013 gestellt – also vor nunmehr fünf Monaten. Der Antrag der Staatsanwaltschaft folgte im März.

Die lange Dauer sei weniger der Komplexität des Sachverhalts geschuldet als vielmehr der intensiven Suche nach Ablehnungsgründen, so Runge. Die Begründung des Landgerichts für die Ablehnung umfasst 115 Seiten. „Viel Text für ein Nein“, so Mollaths Rechtsanwalt Strate. „Davon lasse ich mich aber nicht beeindrucken.“

Sowohl Mollaths Verteidiger als auch Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) kündigten eine Beschwerde gegen die Entscheidung beim Oberlandesgericht Nürnberg an. Justizministerin Merk, die bei der Staatsanwaltschaft Regensburg den zweiten Wiederaufnahmeantrag angeordnet hatte, sagte: „Mein Ziel ist weiter ein Wiederaufnahmeverfahren.“ Auch die Möglichkeit eine Begnadigung will die Justizministerin nach eigenen Angaben prüfen. Das ist aber nur möglich, wenn alle Rechtsmittel ausgeschöpft sind.

Angeblicher Wahn im Nachhinein begründet

Mollath war 2006 als gemeingefährlich in die Psychiatrie eingewiesen worden. Er soll seine Frau misshandelt und Autoreifen aufgestochen haben. Der 56-jährige Nürnberger sieht sich indes als Justizopfer. Als Begründung für seine Einweisung wurde „krankhafter Wahn“ angeführt, weil Mollath immer wieder auf illegale Kapitaltransfers von Mitarbeitern der HypoVereinsbank und deren Kunden in die Schweiz hingewiesen hatte. Diese Vorwürfe stellten sich im Nachhinein als begründet heraus. Mittlerweile ermittelt die Steuerfahndung in Fällen, auf die Mollath hingewiesen hatte.

Hätte das Landgericht den Anträgen zur Wiederaufnahme des Verfahrens stattgegeben, hätte es eigenen Angaben zufolge am Dienstag eine sofortige Freilassung Mollaths verfügen können.

Auch die Begründung des Gerichts sorgte für Kritik: Zwar habe es im Verfahren, das zu Mollaths Einweisung führte, Sorgfaltsmängel und Verfahrensfehler gegeben, wie das Gericht einräumte. Jedoch sei wegen dieser Fehler niemand rechtskräftig verurteilt. Nur rechtskräftig verurteilte Straftaten aber könnten die Wiederaufnahme eines Verfahrens bedingen.

Die Crux, wie das Gericht in seiner Begründung selbst schreibt: Alle Mängel, die im Verfahren gegen Mollath unterlaufen sind, sind heute verjährt. Ein Zirkelschluss, wenn man so will, der in der Logik des Gerichts eine Wiederaufnahme unmöglich macht. Mollaths Verteidiger: „Das ist die dunkle Seite der juristischen Kunst, die mit argumentativen Finessen an der Wahrheit vorbeizielt.“

Vorwurf der Rechtsbeugung

„Grotesk“ sei, dass das Gericht lediglich von Sorgfaltsmängeln spricht, kritisierte der Grüne Martin Runge. Die zuständigen Richter hätten sich der Rechtsbeugung schuldig gemacht. Von Rechtsbeugung und Vertuschung sei ursprünglich auch im vom Justizministerium in Auftrag gegebenen Wiederaufnahmeantrag der Staatsanwaltschaft die Rede gewesen.

Auf Betreiben des Nürnberger Generalstaatsanwaltes Hasso Nerlich, der in den Augen der Grünen in der Sache befangen ist, sei der Antrag im Nachhinein massiv abgeschwächt worden. Runge zeigte sich jedoch zuversichtlich, dass Mollath früher oder später freikommt. Dessen Anwälte haben gegen die Entscheidungen der Richter, ihn fortdauernd in der Klinik zu halten, 2012 Verfassungsbeschwerde erhoben.

„Vor dem Bundesverfassungsgericht ist spätestens Schluss“, sagte Runge der taz. „Dort werden die massiven Rechtsbeugungen und Rechtsfehler, die Mollath widerfahren sind, aufgedeckt.“ Für Bayerns Justiz werde das kein Fest werden, kündigte Mollaths Verteidiger an. Unterstützer Mollaths planen für kommenden Samstag eine Großkundgebung in Nürnberg.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.