Gentrifizierung der Bremer Neustadt: Dete weicht Ideen zum Wohnen

Mit einem „Artcamp“ verabschiedet sich das Kulturzentrum Dete von der Lahnstraße. Die Künstler suchen einen neuen Ort in der Neutadt.

Deters Möbelhaus diente zur Dete gestutzt sechs Monate der Kunst-Szene als Treffpunkt. Bild: Jan-Paul Koopman

BREMEN taz | Für die Dete ist in drei Wochen Schluss. Ein halbes Jahr lang war das Kulturzentrum in der Neustadt Schauplatz von Lesungen, Konzerten und Politveranstaltungen – und Arbeitsplatz diverser Kulturschaffender. Zum Schluss wird jetzt nochmal richtig aufdreht: mit einem „Artcamp“ wollen KünstlerInnen die Dete-Zeit reflektieren und Abschied nehmen vom Haus und der Nachbarschaft.

Die Kulturszene der Neustadt aufzuwerten, hatten sich die sechs Betreiber vorgenommen. Über ihr Veranstaltungsprogramm hinaus wollten sie Netzwerk und Begegnungsraum im kulturell nachrangigen Quartier sein. Die Nachbarschaft hat ihr „neues Wohnzimmer“ dankend angenommen, sagt Dete-Mitbetreiber Artur Ruder. Und das hat er sogar schriftlich: mit 2.000 Unterschriften warb die AnwohnerInnen-Initiative „Pro Dete“ für eine Verlängerung des Nutzungsvertrags.

Doch daraus wurde nichts – zumindest nicht am bisherigen Standort in der Lahnstraße. Eigentümer Marco Bremermann wird den Zwischennutzungs-Mietvertrag nicht verlängern. Er setzt auf die Schaffung neuen Wohnraums und will das Gebäude zum Mehrfamilienhaus umbauen. Mit den zu erwartenden Einnahmen kann das Dete-Team nicht mehr mithalten und zieht aus. „Im Grunde haben wir uns unser eigenes Grab gentrifiziert“, sagt Ruder.

Überrascht ist er davon allerdings nicht. Letztlich habe auch die Dete von der zeitlichen Befristung des Arrangements mit Bremermann profitiert: „Wenn alles schief gelaufen wäre, hätten wir auch unsererseits jederzeit gehen können.“ Die Flexibilität ging auch zu Lasten der eigenen Kräfte. Die Refinanzierung der monatlichen Ausgaben habe gerade so funktioniert und das nur, weil die Betreiber rund um die Uhr und ohne Lohn gearbeitet haben. „Natürlich ist das Selbstausbeutung“, sagt Ruder, fast alle haben neben ihrer Arbeit in der Dete Lohnberufe. Bis zum geplanten Neustart an anderem Ort werden ein paar abspringen.

22. Juli: Konzert von "The Epstein" und "Someday Jacob". Dete, 20 Uhr.

23. Juli: Dete-Dinner mit der Band "IST". Voranmeldung erbeten. Delmenmarkt, 19.30 Uhr.

27. Juli: offenes Buffet gegen Spende. Mitgebrachtes erwünscht. Delmenmarkt, 10 Uhr.

28. Juli bis 3. August: Artcamp. Dete, ab Montag 18.30 Uhr.

2. und 3. August: Lahnstraßenfest mit Musik und mehr.

Dass es aber irgendwo weitergeht, bezweifelt Ruder nicht. Die Vernetzung der Neustädter Szene habe gut funktioniert und „was wir aufgebaut haben, ist nicht an einen Ort gebunden“, sagt er. Schade sei der Umzug trotzdem, auch wegen der Arbeit, die in Umbau stecke.

Die Suche nach einem Gebäude ist schwierig, weil die Dete neben dem Veranstaltungs und Kneipenraum auch Ateliers und Arbeitsräume umfasst. 18 NutzerInnen haben sich in den oberen Stockwerken eingemietet und sollen möglichst mitgenommen werden.

Die Betreiber verstehen die Dete als Plattform, die von ihren NutzerInnen selbst ausgestalten wird. Bei regelmäßigen Treffen beraten sie gemeinsam über Grundsatzfragen – ein Angebot, das Ruder gerne noch weiter ausbauen und als „basisdemokratische Genossenschaft“ auf die neuen Örtlichkeiten übertragen würde.

Vorerst aber steckt das Dete-Team noch in den Vorbereitungen der Abschiedsveranstaltung. Ab dem 20. Juli ist die Dete für die Öffentlichkeit geschlossen, während 36 KünstlerInnen drinnen in interdisziplinärem Austausch das „Artcamp“ vorbereiten. Für Literatur, Theater, Musik und Performance sollen die Räumlichkeit hergerichtet werden. Sie wollen das halbe Jahr Dete reflektieren und die spezielle Form des Miteinanders künstlerisch nachvollziehen. So spricht Ruder von Videoschaltungen, die kleine Veranstaltungen in den oberen Räumen nach unten projizieren und die Kommunikationsformen zwischen den Einheiten verbildlichen.

Diese gemeinsame Gestaltungsphase ist Teil des Projekts und entsprechend wenig kann Ruder jetzt schon verraten. Die Betreiber selbst sind derweil in kulinarischer Angelegenheit vor der Tür unterwegs: Beim Dete-Dinner auf dem Delmemarkt mit musikalischer Begleitung, oder bei einem offenen Buffet. Auch das Lahnstraßenfest wird noch mit vielfältiger Beteiligung der Dete auf die Beine gestellt und dann sind die Räume geschlossen – besenrein.

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