Gemeinnützigkeit des Vereins Uniter: Hannibals Spendenquittung

Den Spendenmarsch steuerlich absetzen: Das Finanzamt hält den dubiosen Hannibal-Verein Uniter für gemeinnützig.

Eine Hand auf einer Prepper-Zubehör-Box, mit der ein Mann individuellen Katastrophenschutz betreibt.

Uniter ist Teil eines Schattennetzwerks, das sich auf den sogenannten Tag X vorbereitet Foto: imago/Michael Eichhammer

BERLIN taz | Der Verein wirbt für seine eigene militärische Kommando-Ausbildung, verteilt Wolfsabzeichen und Urkunden und will international wachsen. Uniter, jüngst aufgefallen als Netzwerk des Bundeswehrsoldaten André S. alias „Hannibal“, wirbt nach außen hin massiv um Spenden, und ist darauf offenbar angewiesen. Unterstützung erhält der Verein dafür bislang vom Steuerzahler – weil das Finanzamt den Verein als gemeinnützig anerkannte.

Wie der Tagesspiegel am Dienstag berichtet, warb Uniter noch vor wenigen Tagen damit, dass Spenden an den Verein in der Vergangenheit steuerlich absetzbar waren.

So zitiert die Zeitung aus einer Uniter-Mail vom 27. Februar 2019, in der es heißt: „Bis jetzt konnte jeder unsere Spendenquittungen nutzen und auch beim Amt einreichen. Wir sind ein gemeinnütziger Verein nach deutschem Recht. Klappt also! Beste Grüße, ihr Backoffice.“ Später hatte der Verein gegenüber dem Tagesspiegel erklärt, Uniter sei „im Gegensatz zu Attac nicht politisch aktiv“.

Das baden-württembergische Finanzministerium gibt unter Hinweis auf das Steuergeheimnis laut Tagesspiegel derzeit keine Auskünfte zu dem Verein. Unklar sei derzeit, so berichtet die Zeitung, ob die Finanzbehörden in Baden-Württemberg eine Prüfung der Steuerbegünstigung von Uniter inzwischen in die Wege geleitet hätten.

Politische Sprengkraft: Attac nicht mehr gemeinnützig

Der Fall birgt politische Sprengkraft, weil der Bundesfinanzhof nach einem jahrelangen Rechtsstreit kürzlich entschieden hatte, dem globalisierungskritischen Netzwerk Attac die Gemeinnützigkeit zu entziehen. Mitglieder der CDU hatten daraufhin unter anderem auch gefordert, als Nächstes der Deutschen Umwelthilfe die Gemeinnützigkeit zu entziehen. Zahlreiche Stimmen warnten dagegen davor, dass das Urteil Folgen für viele zivilgesellschaftlich engagierte Gruppen und Vereine haben könnte.

Bislang jedenfalls nicht für alle.

Laut Tagesspiegel erreichte Uniter beim Finanzamt Stuttgart die Anerkennung als gemeinnützig unter Verweis auf seine Satzung, die etwa die „Förderung von Fort- und Berufsbildung“ aufzählt. Das bedeutet, dass Spenden steuerlich abzugsfähig sind und Spenderinnen und Spender diese bei ihrer Steuerklärung berücksichtigen können. Mit dem Verfahren unterstützt der Staat mittelbar die Förderung von Vereinen, die die Finanzämter als förderwürdig anerkennen. Ob ein Verein gemeinnützig ist oder nicht, entscheidet in der Regel das für ihn zuständige Finanzamt.

Worum handelt es sich bei Uniter? Die taz hatte Ende 2018 in umfangreichen Recherchen über ein Schattennetzwerk berichtet, in dem sich bundesweit Menschen organisierten, die sich auf einen sogenannten „Tag X“ vorbereiteten. Mitglieder dieses Netzwerkes waren Soldaten, Polizisten und Mitglieder von Sicherheitsbehörden. Einzelne von ihnen sollen geplant haben, am „Tag X“ politische Gegner gefangen zu nehmen, in Lagern zusammenzuführen und zu liquidieren. In einer Chatgruppe in Süddeutschland war auch der rechtsextreme Bundeswehrsoldat Franco A. Mitglied, gegen den die Bundesanwaltschaft wegen Terrorvorbereitungen ermittelte. Ermittler fanden bei ihm unter anderem ein Uniter-Patch.

Verein Uniter im Fokus der Sicherheitsbehörden

Zentrale Rolle in diesem Netzwerk spielte der damalige KSK-Soldat André S., der sich selbst in Chatgruppen und im Internet „Hannibal“ nennt. Er ist auch die zentrale Figur hinter dem Verein Uniter, der derzeit im Fokus der Sicherheitsbehörden steht.

spendenorden des vereins uniter

Wer 200 Euro spendet, bekommt von Uniter diesen großen Spendenorden – und Steuervorteile Foto: uniter

Der Verein selbst behauptet von sich, keine extremistischen Gesinnungen zuzulassen und karitativen Zwecken nachzugehen. Derzeit wirbt er unter anderem für die Teilnahme an einem Überlebenstraining, das Anfang Mai stattfinden soll. Offenbar ist der Verein auf Spenden angewiesen. Für Mai planen Mitglieder einen Spendenmarsch, um Gelder anzuwerben. Gespendet werden kann auch direkt für die sogenannten „Medical Response Units“. Dabei handelt es sich um die Ausbildung von Einheiten, die in Krisensituationen wie Katastrophen- und Bürgerkriegsszenarien unter Beschuss Verwundete bergen und versorgen können. Unter anderem vergibt der Verein für eine Spende einen kleinen oder großen Spendenorden – je nachdem, ob man 100 oder 200 Euro spendet.

Im Dezember 2018 berichtete die taz unter anderem darüber, dass Uniter unter seinem Dach auch eine eigene militärische Kommandoausbildung anbietet. Anwärter werden einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen und erhalten offenbar nach erfolgreicher Teilnahme ein Emblem mit einem Wolf, der die Zähne fletscht. Aufschrift: „Semper Fidelis“ – zu deutsch: „für immer treu“. Möglich wäre natürlich, dass der Verein auch darin die satzungsgemäße „Förderung der Aus- und Berufsbildung“ sieht.

Uniter selbst ist derzeit Aufklärungsgegenstand in zahlreichen Landtagen und im Deutschen Bundestag sowie von Ermittlungsbehörden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Illustration: taz/Infotext-Berlin (Montage)

Hannibals Schattennetzwerk

Hintergründe zum Prozess gegen Franco A.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Alle Artikel zum Thema

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.