Gemauschel im Beirat: Blumenthaler Demokratie

Der Ausschluss der Grünen im Beirat Blumenthal war unzulässig. Der Beirat korrigierte die Entscheidung trotz Aufforderung nicht.

Der Bahrsplaten-Bolzplatz: noch mit Überwachungs-Schild. Bild: Kay Michalak

BREMEN taz | Haben befangene Beiratsmitglieder das Recht, zum Vorteil ihrer Fraktionen abzustimmen? Aber ja – meint man im Beirat Blumenthal. Und die eigene Auffassung setzte man am Montag auf einer Sitzung fleißig um: Ignoriert wurde etwa die eindeutige Aufforderung der Senatskanzlei, das Mitwirkungsverbot von Beiratsmitgliedern wieder aufzuheben.

Und ebenso durfte Ortsamtsleiter Peter Nowack (SPD) das Protokoll der Beiratssitzung führen, obwohl auch er eigentlich als befangen gilt.

Bereits im September trug sich im Beirat Blumenthal Kurioses zu: Ein Bürgerantrag zur Aufklärung der umstrittenen Videoüberwachung des Bolzplatzes auf der Bahrsplate wurde nicht beantwortet – weil nach einem Ausschluss-Marathon zu wenig beschlussfähige Beiratsmitglieder übriggeblieben waren (taz berichtete).

Denn erst erklärten sich vier Beiratsmitglieder von SPD und CDU wegen der „Causa Bolzplatz“ für befangen, weil sie Vorstandsmitglieder der Bürgerstiftung Blumenthal sind, die den Bolzplatz gebaut hat. Dann durfte Ortsamtsleiter Peter Nowack (SPD) als Stiftungs-Vorsitzender die Sitzung nicht mehr leiten. Und zu guter Letzt wurden die einzigen beiden Grünen im Beirat gegen deren Willen ausgeschlossen.

Nicht nur Eike Schurr, einer der beiden ausgeschlossenen Grünen-Fraktionsmitglieder, auch der Grünen-Landesvorsitzende Ralph Saxe waren empört. Die zuständige Senatskanzlei prüfte dann auf Antrag der Grünen den Vorgang und empfahl Nowack, „darauf hinzuwirken, dass der Beirat Blumenthal seine Entscheidung korrigiert“. Das stand für Montag so auch als Punkt fünf auf der Tagesordnung der Beiratssitzung.

„Die Sitzungsleitung hatte korrekterweise auch nicht Nowack, sondern sein Stellvertreter Malte Wolpmann – aber Nowack hat Protokoll geführt“, erzählt Eike Schurr. Nicht nur das findet er „bedenklich“, sondern vor allem die Tatsache, dass die vier Befangenen über die Korrektur mit abstimmen durften – mit dem Ergebnis, dass die Rücknahme des Grünen-Ausschlusses nicht erfolgte.

Damit war Tagesordnungspunkt 6b – die Beratung und Beschlussfassung über den Antrag der Grünen zur Videoüberwachung des Bolzplatzes – erledigt: „Beim Thema Videoüberwachung werden wir seit Juli blockiert“, sagt Schurr. Der Bürgerantrag zum gleichen Thema wurde, wenig überraschend, ebenfalls abgelehnt.

Dabei gibt es schon wieder Neuigkeiten: „Der Hinweis auf die Videoüberwachung an der Umzäunung des Bolzplatzes ist verschwunden“, sagt Schurr. Ob das nun bedeute, dass die Kamera abgebaut wurde, wisse er nicht – es erteile ja niemand Auskunft.

Mittlerweile allerdings werden die Bolzplatz-Querelen in Blumenthal eher zum Nebenschauplatz. Längst geht es allgemein um den demokratischen Umgang. Denn ob und wie ein Beirat überhaupt ein unliebsames Mitglied ausschließen darf, ist im Ortsbeirätegesetz nicht formuliert. Für Ralph Saxe ist das „demokratietheoretisch höchst fragwürdig.“ Hier fehle der Minderheitenschutz, „der gerade in Beiräten besonders wichtig ist“.

Reiner Kammeyer (SPD), zuständiger Referatsleiter in der Senatskanzlei, hatte im September den Ausschluss der beiden Grünen noch befürwortet. Eike Schurr nämlich hatte ein Mitwirkungsverbot erhalten, weil er wegen der Bolzplatz-Überwachung Anzeige erstattet hatte, und das zweite grüne Beiratsmitglied Gabriele Kröger-Schurr deswegen, weil sie seine Mutter ist.

„Wer anzeigt, kann sich durch seine Mitwirkung an Entscheidungen einen persönlichen Vorteil verschaffen“, sagte Kammeyer damals gegenüber der taz.

Erst nach Aufforderung der Grünen ließ Kammeyer den Beschluss prüfen und kam zu einem anderen Ergebnis: „Zwar lässt sich vertreten, dass der Ausgang eines Strafverfahrens dem Anzeigeerstatter einen Vor- bzw. Nachteil (...) bringen kann.

Dieser steht aber nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Entscheidung des Beirats über die (...) gestellten Anträge“, heißt es in der schriftlichen Aufforderung Kammeyers an Ortsamtsleiter Nowack, den Grünen-Ausschluss zu korrigieren.

Das hat der Beirat nicht getan. Nach dem Beirätegesetz muss die Ortsamtsleitung deshalb nun innerhalb von zwei Wochen eine Beanstandung formulieren und Rechtsauskunft bei der Aufsichtsbehörde einholen. Der Beirat muss danach neu abstimmen. Ändert er seinen Beschluss dann immer noch nicht, muss am Ende der Senat entscheiden. Nowack sei darüber informiert und wolle nun die Beanstandung formulieren, sagt Kammeyer.

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