Gefahrengebiet in Hamburg: Behördengerechte Satire

Ein besorgter Bürger möchte seine Tante besuchen und bittet um Informationen über Hamburgs Gefahrenzone. Darf er einreisen?

Der Bildbeweis: So gefährlich ist Hamburg. Bild: dpa

Kafkaeske Zustände: Nachdem sogar die US-Botschaft vor der Gefahrenzone in Hamburg warnte, zog ein Mann aus Köln die Konsequenz. Er beantragt eine Einreisegenehmigung beim Bundesinnenministerium. Doch die Behörden nehmen ihn nicht ernst.

Dass das Gefahrengebiet tatsächlich gefährlich sein soll, zeigen vor allem die Warnungen von offizieller Seite. Nicht nur der Hamburger Senat warnt vor einem Aufenthalt in der Gegend um St. Pauli, Altona und der Sternschanze, die nach einer eskalierten Demonstration Ende Dezember von der Polizei zur No-Go-Area erklärt wurde. Auch die US-Botschaft sah sich genötigt, in einem offiziellen Sicherheitshinweis darauf hinzuweisen, dass auch friedliche Demonstrationen in Gewalt ausarten könnten und man daher jede Art von öffentlicher Zusammenkunft meiden sollte.

Wie der Kölner in der E-Mail ans Ministerium mitteilt, hätten ihm Bekannte, die vor kurzem nach Ägypten reisten, zu diesem Schritt geraten. Dort sei „die Sicherheitslage ja ähnlich brenzlig.“ Deshalb erbittet er umfassende Informationen über den angemessenen Verhaltens- und Kleidungskodex. Immerhin habe er gehört, dass dunkle Kleidung „bei dem doch recht aggressiven Sicherheitspersonal nicht gut ankommt.“

Die Antwort des Innenministeriums kam schnell, fiel aber ernüchternd aus. Man sei zwar „bemüht, die seinen Dienst- und Fachaufsichtsbereich betreffenden Anfragen der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes zeitnah und so umfassend wie möglich zu beantworten.“ Doch da der „Wille zu Führung einer sachbezogenen inhaltlichen Auseinandersetzung“ nicht erkennbar sei, könne man ihn „nicht beraten.“

Der Antragssteller ließ nicht locker und verwies darauf, dass die Ausweisung des Gefahrengebiets von dem Ministerium unterstellten Behörden erfolgte. „Ich wäre schockiert, wenn Sie es dann nicht sind, die deutsche Staatsbürger über die Bedingungen vor Ort adäquat aufklären können.“ Von der Einreisegenehmigung verspreche sich er eine „Schutzfunktion vor stadtstaatlicher Willkür“ und bittet darum, eine „solche ernsthafte Angelegenheit nicht aufgrund ihrer (bisherigen) Unvorstellbarkeit als Witz zu betrachten.“

Dass der seit Samstag bestehende Ausnahmezustand, von dem rund 80.000 Einwohner betroffen sind, kein Witz ist, zeigen auch die vielen kritischen Reaktionen aus der Politik. Sowohl die Grünen, die FDP als auch die Linke kritisierten das Vorgehen der Behörden scharf, während der SPD-Landeschef Ralf Stegner einerseits für Verhältnismäßigkeit, andererseits für eine „Null-Toleranz-Strategie“ plädierte.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.