Gefängnisunruhen in Guatemala: Der „König der Knäste“ ist tot

Byron Lima, der prominenteste Häftling des Landes, kam bei einem Angriff ums Leben. Er hatte den gesamten Strafvollzugssektor unter Kontrolle.

Byron Lima hinter einer Glasscheibe im Gerichtssaal

Byron Lima wartet in einem Gerichtssaal in Guatemala Stadt auf sein Urteil (Archivbild 2012) Foto: ap

BERLIN taz Mit einer Granate wurden die Leibwächter von Byron Lima am Montagmorgen bei einer Revolte im Gefängnis Pavón nahe Guatemala-Stadt ausgeschaltet. Danach wurde der ehemalige Armeeoffizier mit zwei Schüssen getötet. Der an eine Exekution erinnernde Mord soll im Kontext eines Machtkampfs in der Haftanstalt und darüber hinaus gestanden haben, berichten lokale Medien. 12 Tote und 40 Verletzte registrierte die Polizei. Deren Ermittler gehen davon aus, dass es um die Vorherrschaft in der Vollzugsanstalt ging. Die habe eine andere Knastbande, angeführt vom Häftling Montiell Marín, dem Netzwerk um Lima streitig machen wollen.

Byron Lima galt in Guatemala als der „König der Knäste“. Er hatte außerhalb der Gefängnismauern mächtige Freunde. Das bestätigt auch die erste Reaktion von Expräsident Otto Pérez Molina, der den Tod Limas am Rande des gegen ihn laufenden Korruptionsprozesses ausdrücklich bedauerte.

Lima war genauso wie Exgeneral Pérez Molina ein erklärter Kommunistenfeind und ehemaliger Hauptmann. Der 46-Jährige wurde am 20. Januar 2000 als einer der drei Verantwortlichen des Mordes an Bischof Juan José Gerardi festgenommen. Der Bischof hatte sich seit Ende der 1980er Jahre für die Aufarbeitung der Verbrechen des Bürgerkriegs engagiert. Zwei Tage nachdem die von ihm geleitete kirchliche Wahrheitskommission REMHI ihren aufsehenerregenden Bericht „Guatemala – nie wieder“ vorgestellt hatte, wurde er am 26. April 1998 in der Garage seines Hauses von drei Armeeoffizieren, darunter Byron Lima, mit einer Betonplatte brutal erschlagen.

Seitdem saß er im Gefängnis. „Doch da hat er ein kriminelles Netzwerk aufgebaut, welches de facto den gesamten Strafvollzugsektor unter Kontrolle hatte. Es war Byron Lima, der die Befehle gab. Selbst die Leute im zuständigen Ministerium kuschten“, erklärt Arturo Aguilar. Er ist Anwalt und politischer Sprecher der UN-Kommission gegen die Straflosigkeit in Guatemala (CICIG). Zu seinen ersten Fällen gehörten die Ermittlungen im Umfeld des Mordes an Bischof Gerardi.

Anwalt Arturo Aguilar

„Selbst die Leute im zuständigen Ministerium kuschten“

Die von der CICIG im Oktober 2014 vorgelegten Beweise, darunter abgehörte Mobiltelefone, sorgten für die Absetzung der Verantwortlichen im Strafvollzugssystem, die an Limas Treiben partizipiert hatten. Für die Verlegung von Häftlingen wurden Gebühren von bis zu 6.000 US-Dollar fällig, aber auch wegen Geldwäsche, Bestechung und der Bildung einer kriminellen Vereinigung wurde der bullige Exhauptmann verurteilt.

Aus dem Gefängnis heraus hatte Lima 2011 Wahlkampf für Expräsident Otto Pérez Molina gemacht, T-Shirts für dessen Patriotische Partei gedruckt. Es hält sich das Gerücht, dass Lima seine dreißigjährige Haftstrafe absitzt, um die Auftraggeber für den Mord an Gerardi zu decken.

Die könnten, so klagt sein Bruder Luis Alberto Lima, hinter dem Mord an Byron stehen. Geplant gewesen sei, den Gerardi-Prozess neu aufzurollen, um die intellektuell Verantwortlichen zu belangen, schreibt Luis Alberto Lima in den sozialen Netzwerken. Ein Zeuge des Mordes im Gefängnis hat jedoch gegenüber der Zeitung El Periodico erklärt, dass Byron Lima selbst für seine Ermordung verantwortlich sei: Er habe den Drogenhandel im Gefängnis Pavón verboten. Der Angriff sei die Folge gewesen.

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