Gefälschte Isis-Erklärung im Irak: Wie der Frauenkörper zur Waffe wird

Die Anweisung zur Genitalverstümmelung von Frauen in sunnitisch kontrollierten Gebieten ist wohl ein Fake. Experten äußerten Zweifel an einem UN-Bericht darüber.

Von Isis verhüllte Schaufensterpuppen in der irakischen Stadt Mossul. Bild: ap

GENF afp | Journalisten und Experten haben Zweifel an einem UN-Bericht geäußert, wonach sunnitische Extremisten im Irak in den von ihnen kontrollierten Gebieten die Genitalverstümmelung aller Frauen befohlen haben sollen.

Die Vereinten Nationen schienen auf eine „offensichtlich gefälschte Erklärung“ der Organisation Islamischer Staat (IS) hereingefallen zu sein, sagte am Donnerstag der Islamismus-Experte Charles Lister. Die UNO überprüft derzeit nach eigenen Angaben die Vorgänge im Irak.

Die stellvertretende UN-Gesandte im Irak, Jacqueline Badcock, hatte in einer in Genf ausgestrahlten Videokonferenz mitgeteilt, die IS-Führung habe in einem „religiösen Rechtsgutachten“ (Fatwa) angeordnet, die Genitalien aller Frauen im Alter zwischen elf und 46 Jahren zu beschneiden.

Lister, der für die Denkfabrik Brookings Doha Center arbeitet, vermutet als Quelle der Vereinten Nationen eine vermeintliche Erklärung der IS-Führung, welche am Mittwoch im Internet kursierte.

„Es wäre schon ein sehr großer Zufall, wenn die UN-Quelle eine andere wäre, die aber zur selben Zeit aufgetaucht ist wie die falsche Erklärung im Internet“, sagte Lister. Demnach passen Genitalverstümmelungen auch nicht zum Religionsverständnis der salafistischen IS-Gruppierung.

Auch Badcock hatte gesagt, dass die Praxis der Genitalverstümmelung oder Beschneidung im Irak nicht weit verbreitet sei. Mehrere Journalisten schrieben auf dem Kurznachrichtendienst Twitter, dass ihre Kontakte im Irak noch nichts von der vermeintlichen Fatwa gehört hätten. Ein UN-Sprecher in Genf erklärte, es seien Untersuchungen im Gange, um den Sachverhalt aufzuklären.

Die IS-Kämpfer hatten Anfang Juni zusammen mit verbündeten sunnitischen Rebellenkämpfern ihren Feldzug im Irak gestartet und mehrere Provinzen nördlich von Bagdad erobert. Die irakischen Streitkräfte hatten IS lange nichts entgegenzusetzen, auch weil die politische Elite in der Hauptstadt Bagdad heillos zerstritten scheint.

Für die von ihnen kontrollierten Gebiete im Irak und Syrien riefen die Kämpfer ein „Kalifat“ - einen Gottesstaat - aus. Die Gruppe verfolgt moderate Sunniten ebenso wie Schiiten, die sie als Ketzer betrachtet. Auch die christliche Minderheit im Irak wird von den Radikalsunniten bedroht.

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