Gedenkstättenleiter über rechte Besucher: „Hier ist es passiert“

Axel Drecoll leitet die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten. In Sachsenhausen hatte eine rechte Besuchergruppe für einen Skandal gesorgt.

Axel Drecoll steht neben einem Gittertorm it der Inschrift ,Arbeit macht frei'

Gedenkstättenleiter Axel Drecoll steht am Eingang des ehemaligen KZ Sachsenhausen Foto: Karsten Thielker

Axel Drecolls schmuckloses Büro liegt im sogenannten T-Gebäude. Hier, in Oranienburg, saß von 1938 bis 1945 die „Inspektion der Konzentrationslager“, von hier aus wurde das gesamte KZ-System mit seinen Massenverbrechen bürokratisch gesteuert. Heute findet hier die Aufarbeitung ­dieser Vergangenheit statt: Drecoll leitet seit Juni 2018 die Stiftung Branden­burgische Gedenkstätten und damit auch die Gedenkstätte Sachsenhausen. Der Eingang des ehemaligen Lagers liegt wenige Hundert Meter entfernt.

taz am wochenende: Herr Drecoll, Sie waren nur wenige Wochen im Amt, da mussten Sie negative Schlagzeilen lesen. Die Führung einer AfD-Besuchergruppe aus dem Wahlkreis der Frak­tionschefin Alice Weidel musste abgebrochen werden.

Axel Drecoll: Das war eine Gruppe mit ungefähr 20 Teilnehmern, und fünf oder sechs davon haben dem Guide nicht nur kritische Fragen gestellt, sondern auch Zahlen und die Art der Verbrechen, also Fakten infrage gestellt.

Weidel selbst war nicht dabei.

Nein, aber diese Leute waren offensichtlich rhetorisch geschult, und ihre Argumentation war typisch für Revisionisten. Da wurden etwa Verbrechen mit angeblichen Verbrechen der Alliierten gleichgestellt, und schließlich wurde auch die Kompetenz des Guides infrage gestellt, der die Führung dann nach ungefähr einer Stunde abbrach. Daran sieht man schon, dass er noch lange versucht hat, die Argumente zu entkräften, bis es dann nicht mehr ging. Und das geht eben auch nicht, da ist eindeutig eine Grenze überschritten: Den Holocaust zu leugnen, das ist immer zu verurteilen. Aber ihn auf dem Boden eines ehemaligen Konzentrationslagers zu relativieren, das hat noch einmal eine besondere Qualität.

Kurz darauf wurden Sie damit konfrontiert, dass Ihr Wachschutz Mitarbeiter eines Subunternehmers ausgeliehen hatte, der wiederum ein bekannter Rechtsextremist ist.

Ja, es gab da eine zeitliche Nähe, deshalb gab es eine große Aufmerksamkeit. Aber auch das ist ein Einzelfall. Wir führen etwa 10.000 pädagogische Programmpunkte aller Art im Jahr durch, angesichts dessen sind zwei Vorfälle natürlich nicht wirklich viel. Trotzdem reagieren wir darauf: Wir schulen unsere Guides, wie sie mit rechtsextremen Argumentationsmustern, mit geschulten Revisionisten umgehen können. Aber das haben wir auch schon immer gemacht. Genauso wie wir schon immer in unseren Verträgen mit Wachschutzunternehmen einen Passus haben, der so etwas eigentlich unmöglich machen sollte.

Sie waren, als das alles passierte, erst sehr kurz im Amt. Was haben Sie gedacht?

Erfreut war ich nicht. Aber ich war vor allem überrascht. Und schockiert, dass das möglich ist.

Die Person

Axel Drecoll wurde 1974 in Erlangen geboren, studierte Neuere und Neueste Geschichte, Geschichte Südosteuropas und Politische Wissenschaften. Er gehört zu den am Münchner Institut für Zeitgeschichte tätigen Wissenschaftlern, lehrte an der Universität München und hat eine Vielzahl von Publikationen vorzuweisen.

Weiterer Werdegang

Mit der Einrichtung der „Dokumenta­tion Obersalzberg“ erwarb er sich große Anerkennung. Sie ist ein Lern- und Erinnerungsort zur NS-Zeit am historischen Ort des Führersperrgebiets Obersalzberg in Berchtesgaden. Sie verbindet die Ortsgeschichte mit der gesamten Geschichte des Nationalsozialismus.

Aktueller Arbeitsplatz

Die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten ist eine Stiftung des öffentlichen Rechts mit Sitz in Oranienburg. Ihr Zweck sind die Aufarbeitung von Terror, Krieg und Gewaltherrschaft sowie die Unterhaltung von Gedenkstätten von nationaler und internationaler Bedeutung im Land Brandenburg.

Heute wieder möglich ist …?

Ja. Ich war sprachlos. Es war ein gravierender Fall, aber es ist bis zum heutigen Tag zum Glück ein Einzelfall geblieben. Aber ich beobachte das natürlich mit Sorge. Wenn sich die politische Stimmungslage und die politische Sprache weiter so wandelt, wie wir es gerade beobachten, dann ist selbstverständlich zu befürchten, dass sich das auch auf die Gedenkstätten auswirkt. Und das ist auch der Grund, warum wir als Stiftung uns da sehr deutlich äußern und positionieren. Zum Glück schlägt sich das in der alltäglichen Arbeit bislang – abgesehen von diesem einen Vorfall – nicht nieder. Aber wir müssen aufpassen, dass das so bleibt. Dass wir die Interpretationshoheit, die ja eine kritisch-reflektierende ist, auch behalten. Alles andere wäre fahrlässig.

Im Frühling sind Kommunalwahlen, danach wird die AfD höchstwahrscheinlich in der Stadtverordnetenversammlung von Oranienburg sitzen, und im Herbst sind Landtagswahlen in Brandenburg, aktuell steht die AfD bei mehr als 20 Prozent. Macht Ihnen das Angst?

Das erfüllt mich mit großer Sorge, auch als Bürger dieses Landes. Was die Gremienarbeit angeht, wäre es erst bedenklich, wenn die AfD in Brandenburg regieren würde und das Kultusministerium von der AfD übernommen würde. Denn dann wäre unser Stiftungsratsvorsitzender ein Mitglied dieser Partei. Das ist die eine Seite. Die andere wäre: Wir kooperieren mit Stadt und Land auf vielen Ebenen, deshalb ist die Zusammensetzung von Parlamenten für uns wichtig – und das könnte bald ein Problem für uns darstellen.

Hätten Sie diese neue Aufgabe lieber in unproblematischeren Zeiten übernommen?

Nein. Natürlich habe ich mir darüber Gedanken gemacht, denn das ist nicht angenehm, sich mit dieser Bewegung und deren Vertreterinnen und Vertretern auseinandersetzen und beschäftigen zu müssen. Aber gerade dass populistische Bewegungen sich auf die Erinnerungskultur draufsetzen wollen, gerade dass sie die Vergangenheit umdeuten wollen, das zeigt, wie wichtig unsere Arbeit ist. Das Konzentrationslager Sachsenhausen und all die anderen Erinnerungsorte in dieser Republik sind erinnerungspolitische Ausrufezeichen. Hier ist es passiert! Das bildet den Sockel der Erinnerungskultur. Und das ist eine wichtige Arbeit, die gemacht werden muss – vielleicht heute so wichtig wie nie zuvor. Ich und alle Kolleginnen und Kollegen haben eine Verantwortung zu tragen, da geht es nicht um persönliche Befindlichkeiten.

Andererseits haben Sie es kategorisch abgelehnt, sich mit AfD-Politikern wie Alexander Gauland auf ein Podium zu setzen. Warum?

Ja, wir wollen nicht nur in die Diskussion eintreten, wir müssen es sogar. Wir stellen uns in unserer täglichen Arbeit allen möglichen kritischen Nachfragen, wir setzen uns hier ständig kritisch mit diesem Ort und seiner Vergangenheit auseinander. Aber die Grenze ist überschritten, wenn scheinbar kritisches Nachfragen nur ein Deckmäntelchen ist für eine Relativierung oder sogar Leugnung der Verbrechen. Mit überzeugten Geschichtsrevisionisten in eine Diskussion zu treten hat meiner Meinung nach keinen Sinn, weil ich deren Geschichtsbild mit einer Diskussion nicht verändern kann. Das ist nicht fruchtbar, gegen abgeschlossene Weltbilder zu argumentieren. Das ist meine Erfahrung.

Können die Gedenkstätten denn über ihre klassische Arbeit hinaus noch mehr dazu beitragen, das Erstarken des Rechtspopulismus einzudämmen?

Unser Einfluss ist da, fürchte ich, begrenzt. Ein Bewusstsein, dass ein kritisch-reflektierter Umgang mit der Geschichte wichtig bist, das muss in den Schulen entstehen, an den Arbeitsplätzen und natürlich in den Familien. Die Gedenkstätten sind sicherlich nicht das erste Mittel der Wahl, um Einstellungen in der Bevölkerung zu verändern. Aber man darf das auch nicht kleinreden: Dass wir überhaupt vorhanden sind, dass wir mit Schulen kooperieren und Veranstaltungen anbieten, das hat eine Reichweite. Und was man sicher machen sollte, ist noch mehr rauszugehen aus den Gedenkstätten und mit lokalen Initiativen vor Ort zusammenzuarbeiten. So wie das die Kolleginnen und Kollegen zum Beispiel in Halbe gemacht haben, wo wir mit Beratung und unserem Netzwerk mitgeholfen haben, dass der Waldfriedhof seit einigen Jahren kein Aufmarschort von Rechtsradikalen mehr ist.

Bevor Sie nach Oranienburg kamen, waren Sie Leiter des Lern- und Erinnerungsorts „Dokumentation Obersalzberg“. Sind Sie von einem Täter- zu einem Opferort gewechselt, kann man das so sagen?

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Eigentlich ist das schwer zu sagen, weil es im Nationalsozialismus kaum Orte gab, die nicht gleichzeitig Täterorte und Tatorte waren – oder umgekehrt kaum Tatorte, die nicht auch Täter­orte waren. Das eine bedingt das andere. Aber ­tatsächlich ist das in meinem Fall etwas anders, weil es am Obersalzberg zwar beim Bau des Bunkersystems auch Zwangsarbeit gab, aber das war schon ein paradigmatischer Täterort. Und umgekehrt ist das Konzentrationslager Sachsenhausen hier in Oranienburg zwar auch ein Ort der Täter, aber natürlich stehen hier die Opfer im Vordergrund. So gesehen ist das nicht falsch.

Ändert das etwas an Ihrer konkreten Arbeit?

Ja, sehr viel. Das fängt inhaltlich an: Am Obersalzberg haben Sie solche Themen wie die Diskrepanz zwischen der wahnsinnig schönen Natur und den Massenverbrechen, die dort geplant und entschieden wurden, da geht es um propagandistische Inszenierung einer Herrscherclique. Hier haben Sie dagegen einen Ort, an dem Sie die Geschichte des Massenmordes, des massenhaften Sterbens und des Leidens biografisch konkretisieren können. Hier geht es um Menschen wie du und ich, die – häufig auch relativ unvermittelt – zu Opfern mit kahl rasierten Köpfen und Einheitskleidung gemacht wurden, die plötzlich keinen Namen mehr trugen, sondern zu Nummern degradiert wurden.

Das sind natürlich sehr unterschiedliche Bezugspunkte. Auch die konkrete Arbeit ist sehr verschieden: Generell arbeiten wir hier viel mehr mit Biografien, mitunter können wir sogar noch Überlebende treffen. Die Besucher können den Menschen, die hier einst inhaftiert waren, näherkommen – auch über deren Objekte und Zeugnisse in den Ausstellungen. Und was man nicht vergessen darf: Ehemalige Konzentrationslager wie Sachsenhausen oder Ravensbrück sind Orte des tausendfachen Sterbens. Das sind Friedhöfe, deren Würde wir zu wahren haben. Das impliziert einen ganz andern Umgang als mit einem zweiten Regierungssitz, an dem es kaum Opfer gegeben hat.

Ich frage auch deshalb, weil Ihr Vorgänger Günter Morsch kurz vor der Amtsübergabe an Sie sagte, man müsse diese Perspektive mehr in Richtung auf die Täter verschieben – weg von den Opfern. Wie sehen Sie das?

Ja, da hat er auch recht. Auch wenn man die Perspektive der Opfer einnimmt und die Dimension des Leidens darstellen will, muss man die Täter mit in Betracht ziehen. Denn nur im Gesamtzusammenhang wird das Schicksal der Opfer wirklich verständlich. Es geht darum, das Handeln der Täter darzustellen, sie auch in ihrer Biografie darzustellen, damit klar wird: Das sind Menschen. Bezeichnungen wie „Bestie“ oder „Ungeheuer“ mögen verständlich sein, aber sie verstellen den Blick darauf, dass die Täter Menschen waren, die aus ideologischer Überzeugung handelten. Das ist wichtig. Diese Taten liegen im Bereich des Menschenmöglichen – und damit müssen wir uns auseinandersetzen in der Bildungsarbeit.

Fürchten Sie, diese Verschiebung auf die Täterperspektive könnte aus moralischen Gründen problematisch werden? Oder instrumentalisiert werden von Populisten?

Nein, weil wir ja nur Kontextwissen herstellen und Handlungszusammenhänge klarmachen. Dazu braucht man nun mal auch die Täterperspektive, auch wenn der Blick auf die Opfer weiterhin zentral bleiben wird. Aber man braucht beides gerade an so einem Ort, an dem mitten in der Stadt Verbrechen begangen wurden, während das Leben außen herum weiterging. Wenn wir jetzt etwas mehr über die Täter sprechen, dann sehe ich da keine Gefahr, dass das instrumentalisiert werden könnte, weil wir das ja differenziert tun. Wir stellen die Verbrechen in ihren furchtbaren Dimensionen dar, wir bieten keine Möglichkeit, das zu idealisieren. Wenn man diese Verbrechen verharmlosen oder gar leugnen will, dann sollte man nicht hierherkommen.

Was sehen Sie problematischer: die Relativierungen der Rechtspopulisten oder die, wie Sie es einmal genannt haben, „Hanswurstisierung“ Hitlers durch Filme oder in der Comedy?

Ach, das kann man ja gar nicht vergleichen. Es gibt Konjunkturen im Umgang mit Hitler. In den 50er und 60er Jahren gibt es eine Dämonisierung Hitlers, die den Tätern als Entschuldigungsstrategie diente. Dann kamen satirische Auseinandersetzungen, durchaus mit dem Subtext: Ihr seid nicht einem Dämon hinterhergerannt, sondern einem ­Trottel. Dann kam beispielsweise der Film „Der Untergang“…

… von dem Regisseur Oliver Hirschbiegel, das war 2004 …

Eine Baracke im Sonnenuntergang

Gedenkstätte: Sachsenhausen war eines der ersten Konzentrationslager Foto: Karsten Thielker

… und die Frage: Darf man Hitler überhaupt als Menschen darstellen? Die Entwicklungslinie im Umgang mit Hitler geht also – auch nicht uninteressant – vom Dämon über den Hanswurst zum Menschen. Dieser Prozess hat viel mit Generationenwechsel, aber wenig mit Revisionismus zu tun. Etwas vollkommen anderes sind die sehr verschiedenen Formen der Relativierung. Das geht von der Leugnung des Holocaust und der positiven Deutung des Dritten Reiches bis zum „Vogelschiss“ des ­Alexander Gauland: Vergesst den Nationalsozialismus, seht euch doch lieber die glorreichen Zeiten der deutschen Geschichte an. Das Schlimme daran ist, dass diese Haltung außer Acht lässt, dass wir gerade mit der kritischen Auseinandersetzung mit der schrecklichen Vergangenheit den Weg für ein friedliches und von Akzeptanz ge­prägtes Zusammenleben in der Gegenwart ebnen. Wenn diese Auseinandersetzung einem deutschtümelnden Stolz weicht, der nichts Zukunftsweisendes hat, dann wird es wirklich gefährlich.

Was halten Sie denen entgegen, die sagen: Die Leute haben genug, die sind genervt von der ewigen Mahnung und Erinnerung an die NS-Zeit?

Niemand zwingt die Menschen, KZ-­Gedenkstätten zu besuchen, aber trotzdem steigt die Zahl unserer Besucher jedes Jahr. Niemand zwingt die Menschen dazu, Dokumentationen an­zusehen, aber es gibt immer mehr Formate im Fernsehen, im Kino, im Hörfunk. Im Übrigen bin ich davon überzeugt, dass die Auseinandersetzung mit dem ­Na­tionalsozialismus und das daraus re­sultierende kritische ­Geschichtsbewusstsein die Demokratie, die Freiheit und die Toleranz in unserer Gesellschaft positiv beeinflusst haben. Daran sollten wir unbedingt festhalten.

Nach Sachsenhausen kommen vor ­allem auch immer mehr ausländische Touristen. Wer sagt Ihnen, dass das nicht vor allem ein Publikum auf der Suche nach Grusel ist?

Das lässt sich nicht abstreiten, dass es auch einen diffusen Gruselreiz gibt, der Menschen an diese Orte bringt. Es gibt den sogenannten Dark Tourism, über den wir auch schon bei wissenschaftlichen Tagungen gesprochen haben und nach wie vor sprechen. Es gibt in gewissen Kreisen eine Ikonisierung Hitlers zum bösartigen Popstar. Sie müssen sich ja nur mal das Cover von „Er ist wieder da“, dem Buch von Timur Vermes ansehen: Was das Bärtchen und der Scheitel bedeuten, das weiß heute jeder auf der ganzen Welt. Es gibt mittlerweile eine Kondomwerbung, in der das eine Rolle spielt.

Eine Kondomwerbung?

Ja, die Spermien haben da diesen Scheitel und den Schnauzer. Diesen Gruselreiz will ich nicht abstreiten. Aber ich weiß auch aus der Erfahrung: Fast jeder, der diesen Ort hier besucht, verlässt ihn berührt – und ohne diesen Gruselreiz. Außerdem glaube ich fest, dass die meisten aus einem anderen Grund hierherkommen: Die NS-Zeit ist für unsere Verfassung, für die Umstände, wie wir politisch und gesellschaftlich zusammenleben, immer noch extrem prägend. Wie wir heute miteinander umgehen, das hat im juristischen, im gesellschaftspolitischen und im kulturellen Sinn sehr viel zu tun mit dieser Vergangenheit.

Andererseits wissen die Menschen immer weniger über diese Zeit Bescheid.

Das ist auch wieder wahr. Das allgemeine Interesse am Nationalsozialismus geht nicht automatisch mit profunden Kenntnissen einher. Aber wenn sich die Menschen zwei, drei Stunden hier mit dem Thema beschäftigen, wenn sie sich auf dem Fußweg zum Bahnhof oder in der S-Bahn zurück nach Berlin über das Thema unterhalten, wenn der Besuch ein paar Fragezeichen hinterlässt, dann haben wir schon eine Menge erreicht. Natürlich wird niemand zu einem besseren Menschen nach drei Stunden in einer KZ-Gedenkstätte – aber wir wollen Fragen aufwerfen.

Sie beschäftigen sich seit Ihrem Studium, also seit mehr als 20 Jahren, mit dem schlimmsten Verbrechen der Menschheit. Was macht das mit Ihnen?

Das kann ich nur vermuten. Sicherlich passiert etwas mit denen, die an solchen Orten arbeiten. Das macht etwas mit einem. Aber was genau? Das weiß ich auch nicht. Ich vermute mal, wir alle nehmen unsere Probleme häufiger mit nach Hause als andere. Ich jedenfalls kann oft nicht abschalten. Man kann sich nun mal nicht acht Stunden am Tag mit Massenverbrechen auseinandersetzen und davon unberührt bleiben.

Wie gehen Sie damit persönlich um?

Diese Arbeit ist eine Herausforderung, aber sie ist auch ein Geschenk. Vor allem, weil ich weiß, dass es wichtig ist, was ich mache. Ich kann sagen: Meine Arbeit ist wichtig. Das ist doch groß­artig.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.