Gastkommentar Schau zu Muslim Fashion: Gleichberechtigung infrage gestellt

Frauen haben dafür gekämpft, sich lässig zu kleiden. Bei Musliminnen heißt es, sie verhüllten sich freiwillig. Eine Ausstellung verharmlost den Zwang.

Eine Frau mit Kopftuch und Sonnenbrille

Zum Schwimmen mit Burkini? Ist das Freiheit und Selbstbestimmung? Ein Bild aus der Ausstellung Foto: Shereen Sabet/ Splashgear LLC

In Iran sind derzeit Hunderttausende von Frauen, die gegen die Zwangsverschleierung protestieren, von massiven Repressalien bedroht. Viele wurden verhaftet. Wir, die „Migrantinnen für Säkularität und Selbstbestimmung“, bewundern ihren Mut und solidarisieren uns mit ihnen. Auch jetzt sitzen mehrere Frauen im Gefängnis, darunter Nasrin Sotudeh – die Anwältin, die diese Frauen vor Gericht verteidigt hat.

Die Frage ist: Warum wird der Kampf dieser Frauen in deutschen Medien kaum thematisiert? Und warum besteht Empathie gegenüber einer im Kern frauenfeindlichen Ideologie? In der deutschen Öffentlichkeit wird vieles diskutiert und aufgedeckt, wenn es um die sexuelle Nötigung von Frauen geht (#MeToo). Aber wenn es um die derart frauenkontrollierende Ideologie wie den fundamentalistischen Islam geht, wird seine modische Variante gezeigt!

Deshalb protestieren wir aufs Schärfste gegen die Ausstellung „Contemporary Muslim Fashions“, die derzeit im Museum Angewandte Kunst in Frankfurt zu sehen ist. Frauen haben es sich in Deutschland erkämpft, sich lässig zu kleiden. Wenn es um Musliminnen geht, hören wir jedoch immer wieder, sie würden sich freiwillig verhüllen. Aber was ist diese „Freiwilligkeit“? Ich weiß aus eigener Erfahrung: Wenn ein Mädchen von klein auf vermittelt bekommt, dass eine unverschleierte Frau „unrein“, „nicht sittsam“, „unehrenhaft“ ist, dann ist diese „Freiwilligkeit“ eine Illusion.

Warum sollten Siebenjährige ein Kopftuch tragen müssen? Oder am Schwimmunterricht nur im Burkini teilnehmen? Ist das die Freiheit und Selbstbestimmung, wie eine demokratische Gesellschaft sie anbieten sollte? Gleichberechtigung ist ein durch die deutsche Verfassung geschütztes Gut. Die Ausstellung „Contemporary Muslim Fashions“ stellt sie ohne Zweifel infrage. Sie will den Frauen weismachen, eine von Männern gemachte Vorschrift sei die wahre „Befreiung“ der Frau. Und chic und fotogen noch dazu! Doch Freiheit heißt, sich ohne Gebote, Verbote, Pflichten und Zwänge immer wieder aufs Neue entscheiden zu können.

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lebt bei Frankfurt am Main und ist Mitglied der Organisation „Migrantinnen für Säkularität und Selbst­bestimmung“.

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