Gaschke-Affäre: Schulden bei sich selbst

Neue Details im Kieler „Steuerdeal“: Schon im Februar wurde in einem Schreiben der Erlass von Steuerschulden aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen.

Widersprüchlich: Kiels Ex-Oberbürgermeisterin Susanne Gaschke. Bild: dpa

KIEL taz | Fast 60 Millionen Euro Schulden soll der Kieler Mediziner Detleff Uthoff haben – hauptsächlich bei einer Firma, die ihm selbst gehört: Er wäre damit sein eigener Schuldner. Diese Details zum sogenannten Kieler Steuerdeal, bei dem die damalige Oberbürgermeisterin Susanne Gaschke (SPD) dem Klinikbetreiber 3,7 Millionen Euro Mahngebühren für Steuerschulden erließ, stehen in dem vertraulichen Prüfbericht der Kommunalaufsicht, der dem NDR zugespielt wurde.

Aus dem Bericht geht laut NDR hervor, die Oberbürgermeisterin habe bereits im Februar schriftlich bestätigt, dass Uthoff überschuldet und es daher juristisch ausgeschlossen sei, Schulden zu erlassen. Die Kieler Verwaltung habe dem Mediziner entsprechend geschrieben. Damit hätte Gaschke im Juni etwas erlaubt, was sie im Februar für unmöglich erklärt hatte.

Gaschkes Anwalt Gerald Goecke teilte dazu mit, es gebe einen Brief an Uthoff, der Inhalt sei korrekt wiedergegeben – bis auf ein entscheidendes Detail: Susanne Gaschke persönlich habe das Schreiben „weder unterzeichnet noch gegengezeichnet“. Eine mögliche Erklärung für diesen Widerspruch könnte sein, dass der Brief im Oberbürgermeister-Büro mit einem Häkchen versehen, aber Gaschke nicht vorgelegt wurde – was die gelernte Journalistin zwar ein wenig entschuldigen würde, aber erneut einen Schatten auf die Verwaltung unter ihrer Führung wirft.

Das Innenministerium, dem die Kommunalaufsicht angegliedert ist, wollte sich dazu nicht äußern: Er verfahre im Fall Gaschke „preußisch genau“, sagt Thomas Giebeler, Sprecher des Innenministeriums. Für die laufenden Verfahren und die Stellungnahmen der Kommunalaufsicht sei es aber „irrelevant, wer wann was wo gesehen, unterschrieben oder zur Kenntnis genommen hat: Wir hatten nur die Entscheidung – also die Unterschrift unter den Erlass – rechtlich zu prüfen.“ Die weitere Bewertung sei nun Aufgabe der politischen Gremien und vielleicht der Gerichte.

Auch die Stadt Kiel hält sich bedeckt. „Wir konzentrieren uns darauf, eine Lösung für die Aufgabe zu finden, die die Kommunalaufsicht uns gegeben hat“, sagt Rathaus-Sprecherin Annette Wiese-Krukowska. Dabei geht es um die Frage, wie die Stadt den Steuer-Deal mit dem Augenarzt rückgängig machen kann, um doch noch Anspruch auf die gesamte Steuersumme zu erheben.

Gegen Susanne Gaschke ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Untreue. Der Skandal, der sich daran entzündete, dass die Kieler Ratsversammlung nicht einbezogen gewesen war, hatte sich auf die landes- und bundespolitische Ebene ausgeweitet. Inzwischen ist Gaschke zurückgetreten.  ESTHER GEISSLINGER

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