Fußball und Politik in Kolumbien: Doppelsieg für Santos

Mit 3:0 schlägt Kolumbien Griechenland. Nur einen Tag später gewinnt Präsident Juan Manuel Santos die Wahlen. Reiner Zufall?

Bejubelte erst den Sieg der Fußball-Mannschaft und am Sonntag seinen eigenen: Kolumbiens Präsident Santos (r.) Bild: dpa

BUENAVENTURA taz | Es ging um nicht weniger als um Krieg oder Frieden. Und das ohne Torjäger Radamel Falcao, der wegen eines Kreuzbandrisses für die komplette WM ausfällt. Also fuhr man vor dem Spiel der kolumbianischen Elf am Samstag alles auf, was das Land an WM-Geschichte zu bieten hatte.

Was nicht ganz einfach ist, denn Kolumbien hat es seit 16 Jahren das erste Mal wieder geschafft, sich überhaupt zu qualifizieren. Doch da war das 1:1 bei der Meisterschaft 1990 gegen den damaligen Weltmeister Deutschland, das 5:1 gegen die Gringos vier Jahre später und nicht zuletzt die Tatsache, dass ein kolumbianischer Keeper einmal als bester WM-Torwart gekürt wurde.

Es ging also ums Ganze. Denn hätte die Mannschaft gegen Griechenland verloren, hätte das schwerwiegende Konsequenzen für die Präsidentschaftswahlen am kommenden Tag haben können. Bei einer Niederlage, so warnten Kommentatoren, würden noch weniger Kolumbianer wählen gehen. Und das ginge auf Kosten des Präsidenten Juan Manuel Santos. Sollte aber sein Gegner Oscar Iván Zuluaga gewinnen, wäre Schluss mit den Friedensverhandlungen, die Santos mit der Farc-Guerilla führt.

Also sprachen auch die Guerilleros selbst den „Cafeteros“, wie die Nationalelf genannt wird, Mut zu. Freilich nicht ohne entsprechende revolutionäre Botschaften. Bis zum Ende sei man im Guten wie im Schlechten mit dem Team verbunden, versprachen die Kämpfer auf ihrem Blog und stellten, den uruguayischen Schriftsteller Eduardo Galeano zitierend, klar: „Der Fußball und das Vaterland sind eng aneinander gebunden, doch leider setzen Politiker und Diktatoren häufig auf diese Identität.“

Den Guerillero „Mocho“ von der ELN, der zweiten linken bewaffneten Truppe im Land, kostete seine Verbundenheit mit den Spielern indes die Freiheit. Der Kämpfer installierte in seinem Versteck eine Antenne mit Kabelanschluss und organisierte Verpflegung sowie alkoholische Getränke, um die WM zu verfolgen. Dass Mocho das mühsam aus Erpressungen und Entführungen erwirtschaftete Geld auf diese Weise verschwendete, fand sein Bodyguard nicht gut und denunzierte den Militanten bei den Behörden. Kurz darauf wurde der Mann festgenommen.

Optimismus und Monstertore

Doch abgesehen von Compañero Mocho dürfte in Kolumbien niemand zu finden sein, der schlecht auf die WM zu sprechen ist. „Das Fasten hat ein Ende“, triumphierte die Tageszeitung El Tiempo, und nicht wenige träumen nach dem fulminanten 3:0-Sieg gegen die Griechen von Größerem. Wer zwischen all den Gelbhemden am Samstag nach dem Tor von James Rodríguez in der Verlängerung an einer Teilnahme der Elf im Finale zu zweifeln wagte, schwieg lieber.

Mit Optimismus feierten gefühlte 48 Millionen Kolumbianer in Bogotá, Medellín oder Buenaventura die ganze Nacht hindurch den Erfolg. Und immer wieder zeigten Bildschirme die drei „Golazos“, Monstertore, die zum höchsten WM-Sieg einer kolumbianischen Mannschaft jemals führten. Trotz eines Gesetzes, das den Verkauf von Alkohol vor den Wahlen verbietet. Zurückhaltend dagegen Coach José Pekérman: „Wir sind angetreten, um eine gute Weltmeisterschaft zu spielen.“

Und die Frage von Krieg oder Frieden? Kolumbien konnte tatsächlich einen Doppelsieg erringen. Mit deutlichem Abstand entschied Santos die Wahl für sich, und die Beteiligung war höher als beim ersten Urnengang. Ob die Verhandlungen mit der Guerilla zum Erfolg führen, muss sich erst noch zeigen. Dass die Cafeteros weiterkommen, steht hingegen außer Frage.

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