Fußball-EM-Qualifikation: Inflationsopfer aus Irland

Gegen Deutschland muss Irland einige Ausfälle verkraften. Schwerer wiegt, dass die Jungprofis in ihren Klubs nicht zum Einsatz kommen.

Robbie Keane und ein anderer Spieler

Robbie Keane, Irlands Kapitän Foto: Reuters

DUBLIN taz | Er habe keine Angst vor den Deutschen, meinte Irlands Fußball-Nationaltrainer Martin O’Neill, der in jungen Jahren sein Jura-Studium für den Fußball aufgegeben hatte.

„Natürlich sind die Deutschen sehr stark und haben sehr gute Spieler“, sagte er vor dem EM-Qualifikationsspiel am Donnerstagabend in Dublin (20.45 Uhr, RTL). „Es wird ein schwieriges Spiel für uns, aber wir wissen, was wir tun müssen. Ein bisschen Können haben wir ja auch.“ Und im Hinspiel in Gelsenkirchen habe man ein Unentschieden geholt.

Das war aber kurz nach der WM in Brasilien, und Mannschaften, die bei einem solchen Turnier gut abschneiden, vergeigen die ersten Spiele danach traditionell. Realistischer ist der Vergleich mit dem Qualifikationsspiel für die Weltmeisterschaft vor fast genau drei Jahren: Damals setzte es eine 1:6-Niederlage. Und viele irische Spieler sind immer noch dabei, allen voran Robbie Keane. Der 35-jährige, der für LA Galaxy spielt, hat bisher 67 Länderspieltore erzielt – eins weniger als Gerd Müller.

Keane ist der Kapitän der Mannschaft, die ein recht hohes Durchschnittsalter hat. Der Stürmer reiste erst am Dienstag aus den USA an, weil seine Frau Claudine am Montag ihr zweites Kind zur Welt gebracht hat. Ob er denn überhaupt spielen könne, wollte ein Reporter ausgerechnet vom cholerischen Ko-Trainer Roy Keane – nicht verwandt mit Robbie – wissen. „Er hat doch kein Kind bekommen“, schnaubte der. „Wenn er nicht stillen muss, sollte er spielen können.“

Ende der Naturalisierung

Der Reporter hatte Glück, dass Keane seine Beruhigungstabletten genommen hatte. Der frühere Manchester-United-Star kann auch anders. Er war auf dem Platz oder im Wirtshaus oft in Schlägereien verwickelt, zuletzt nach Veröffentlichung seiner Autobiografie: Ein Fan wollte sich das Buch an der Bar eines Hotels signieren lassen. Keane schlug ihn krankenhausreif.

Bei einem Sieg Polens in Schottland hätten die Iren wenigstens die Play-off-Spiele für die EM 2016 erreicht

Mit 13 Roten Karten hält Keane den Rekord in der englischen Premier League. Aber wenn er spielte, war er überragend. Pelé zählte ihn in der offiziellen Fifa-Liste zu den besten Spielern der Welt.

Als Trainer hat er dagegen nicht viel zustande gebracht. In Irland werden er und O’Neill auch keine Bäume ausreißen. Das liegt aber nicht an ihnen. Früher, als Jack Charlton die Iren trainierte, war es einfacher: Er schaute sich in der Premier League um, und wenn ihn ein Spieler interessierte, forschte er nach irischen Vorfahren. So naturalisierte er sich eine schlagkräftige Truppe zusammen.

Doch heutzutage kommen keine jungen Spieler nach. Dank der utopischen Summen, die Englands Vereine von den Fernsehsendern kassieren, kauft man fertige Spieler im Ausland und zahlt inflationäre Preise, so dass der Nachwuchs keine Chance hat. Das betrifft auch die Nationalmannschaften von England und Schottland. Voriges Wochenende standen lediglich 61 Engländer für die 20 Teams der Premier League auf dem Platz.

Hoffen auf Platz Drei

O’Neill würde sich über eine solche Auswahl freuen. Seit seinem Amtsantritt vor zwei Jahren konnten lediglich fünf junge Spieler ihr Debüt feiern. Nun kommen noch andere Probleme hinzu. Die Stammspieler Wes Hoolihan und Seamus Coleman sind verletzt, Glenn Whelan und James McClean sind gesperrt.

So dürfte die Aufgabe für die „Foireann sacair náisiúnta Phoblacht na hÉireann“, wie die irische Nationalmannschaft offiziell heißt, wohl unlösbar sein. Sie steht in der Weltrangliste der Fifa derzeit auf dem 51. Platz. Der gesamte 29-köpfige Kader ist 85,35 Millionen Euro wert. So viel würde alleine Thomas Müller kosten, sollte er in die Premier League wechseln.

Irland hat bisher die Endrunden von drei Weltmeisterschaften und zwei Europameisterschaften erreicht. Und noch darf man von der EM 2016 träumen. Bei einem Sieg Polens heute in Schottland hätten die Iren wenigstens die Play-off-Spiele erreicht. Wenn man Glück hat, geht es dann gegen die Niederlande. Die hatte man bei der Qualifikation zur Weltmeisterschaft 2002 ausgeschaltet. Robbie Keane war damals dabei. Roy Keane auch.

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