Fußball-Bundesliga: Der neue HSV sieht alt aus

Der Hamburger SV präsentiert sich beim 0:3-Heimdebüt gegen den Aufsteiger SC Paderborn weiterhin in katastrophalem Zustand.

Hätte gerne "Siegermentalität" gesehen: HSV-Trainer Mirko Slomka Bild: dpa

HAMBURG taz | Das Schöne am Fußball ist, dass es immer Neuigkeiten gibt. Beim HSV zum Beispiel gibt es einen neuen Chef (Dietmar Beiersdorfer), eine neue Struktur (Aktiengesellschaft) und neue Spieler (für 26 Millionen). Im Prinzip sollte alles neu werden, nachdem der HSV in der vergangenen Saison um ein Haar abgestiegen wäre. Entsprechend gespannt war das Hamburger Publikum auf die Heimpremiere der Mannschaft in der neuen Saison. Wie sieht er aus, der neue HSV? Die Antwort, die das Team bei der 0:3-Pleite gegen Aufsteiger Paderborn gab, lautet: wie der alte. Es hat sich nichts verändert.

Konkret bedeutet das: viele Fehlpässe, Lücken in der Abwehr, kein Zug nach vorne, mangelnde Spritzigkeit und zu wenig Kampfgeist. Manchmal wirkte es, als steckten dem Bundesliga-Dino seine gesamten, seit 1963 angesammelten 155.790 Spielminuten in den Knochen, während der Liganeuling Paderborn im ersten Bundesliga-Auswärtsspiel der Vereinsgeschichte einfach mal frisch und unbefangen loslegte: In der 29. Minute schoss Elias Kachunga das 0:1 und traf fünf Minuten später erneut – dieses Tor zählte aber nicht, weil Schiedsrichter Bastian Dankert falsch auf Abseits entschieden hatte. Klar wurde durch den Treffer jedoch, dass die behäbige HSV-Abwehr den quirligen Kachunga einfach nicht in den Griff bekam.

Der HSV hätte nun das zeigen müssen, was Trainer Mirko Slomka vor der Partie von seinen Spielern gefordert hatte: „Siegermentalität“. Aber da passierte nicht viel. Einmal, in der 54. Minute, sprintete HSV-Verteidiger Dennis Diekmeier mit dem Ball von hinten bis nach vorne und holte einen Eckball. Es sah nicht unbedingt nach Siegermentalität aus, aber vom Publikum gab’s alleine für das Bemühen Szenenapplaus.

Die ein, zwei Chancen, die sich der HSV herausspielte, brachten nichts ein. Dafür nutzte Paderborns Mario Vrancic einen Abspielfehler von Artjoms Rudnevs (68.). Moritz Stoppelkamp legte in der 87. Minute zum 0:3 nach, als etliche Zuschauer schon frustriert ihre Plätze verlassen hatten. Paderborn dagegen merkte, dass es klappen kann, mangelnde Erfahrung mit Kampfgeist und Begeisterung wettzumachen. Stoppelkamp beispielweise strotzte nach dem Spiel vor Kraft und Zuversicht: „Wir können übermorgen schon wieder spielen und den Gegner in Grund und Boden laufen“, sagte er.

Beim HSV macht man sich nur auf die Suche nach den Gründen dafür, dass die Mannschaft immer wieder Spiele verliert, die sie, gemessen an der Qualität des Kaders, locker gewinnen müsste. Das Problem verortet man in der Ära Beiersdorfer vor allem in den Köpfen der Spieler: „Mir hat die Stimmungslage gefehlt. Wir müssen mehr Atmosphäre auf dem Platz haben“, sagte Trainer Mirko Slomka, der in der kommenden Woche Gespräche führen will mit den Spielern.

Für den HSV ist dieser Befund problematisch, da er zeigt, dass der Neustart im Verein offenbar keine Aufbruchstimmung im Team entfachen konnte. Ändern könnte sich das Problem mit dem Kopf, wenn die neuen Spieler integriert sind: Nicolai Müller von Mainz 05 ist noch verletzt, und der Brasilianer Cleber Reis ist erst seit ein paar Tagen unter Vertrag. Am Samstag spielten allerdings bereits die Neuzugänge Valon Behrami und später auch Matthias Ostrzolek und Zoltan Stieber. Für die drei war ihr HSV-Heimdebüt ein Dämpfer: Als sich die Mannschaft von den Fans verabschieden wollte, gab es ein Pfeifkonzert, das den Spielern noch länger in den Ohren klingeln dürfte.

Die Frage wird sein, ob die neuen Spieler die alten hochziehen können – oder ob die alten die neuen runterziehen. Noch hat der HSV sein Team nicht beisammen: Der Ex-Schalker Luis Holtby soll von seinem derzeitigen Verein Tottenham Hotspur ausgeliehen werden, außerdem wurde Bayern Münchens 19 Jahre alter Nachwuchsstürmer Julian Green am Sonntag zum Medizin-Check in Hamburg erwartet. Zwar hat der HSV rund 100 Millionen Euro Schulden, aber er hat mit Klaus-Michael Kühne einen Investor mit Geld im Rücken.

Kühne gab dem HSV ein Darlehen von 17 Millionen Euro. So viel beträgt im Übrigen der gesamte Etat von Paderborn.

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