Führungsmitglied der Colonia Dignidad: Zuflucht in Krefelder Kirche?

Der frühere starke Mann der Colonia Dignidad, Hartmut Hopp, versteckt sich laut chilenischen Medienberichten in einer Kirche in Krefeld vor dem Zugriff der Justiz.

Hartmut Hopp 1997 in der Colonia Dignidad. Bild: ap

BUENOS AIRES taz | Das ehemalige Führungsmitglied der berüchtigten Deutschensiedlung Colonia Dignidad, Hartmut Hopp, hält sich in einer Kirche in Krefeld versteckt. Das berichtete am Montag die renommierte chilenische Tageszeitung El Mercurio. Das Blatt beruft sich dabei auf die Erkenntnisse der chilenischen Ermittlungspolizei PDI und eine E-Mail von Hopp, in der er Einzelheiten seiner Flucht schildert. Der 66-jährige Arzt galt nach dem Sektengründer Paul Schäfer als der zweitmächtigste Mann der Siedlung.

Der Deutsche Hartmut Hopp ist wegen Beihilfe zu sexuellem Missbrauch von Minderjährigen in Chile zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt und war am 15. Mai aus der berüchtigten ehemaligen Deutschensiedlung Colonia Dignidad geflüchtet. Am Freitag vergangener Woche hatte der zuständige Ermittlungsrichter Jorge Zepeda die Auslieferung Hopps aus Deutschland beantragt. Dem muss jedoch der Oberste Gerichtshof in Santiago de Chile noch zustimmen, bevor der Antrag an Deutschland übermittelt wird.

Vom Auswärtigen Amt in Berlin war deshalb auch am Dienstag bestätigt worden, man habe noch kein Auslieferungsgesuch aus Chile erhalten. Gegen Hopp liege ein internationaler Haftbefehl vor und man ermittle seinen Aufenthaltsort. Ob sich Hopp seit seiner Flucht in Deutschland aufhalte, wurde vom Außenamt nicht bestätigt. Dass Deutschland deutsche Staatsbürger nicht ins Ausland ausliefert, dürfte Richter Zepeda bekannt sein.

Die E-Mail mit Datum vom 16. Mai ist an Gonzalo Díaz gerichtet, den Vertreter der Klinik in der südchilenischen Stadt Parral, an der Hopp zuletzt gearbeitet hatte. Darin schreibt Hopp: "Gegenwärtig befinde ich mich in Deutschland, wo ich im Laufe des gestrigen Tages angekommen bin, nach mehr als einer einwöchigen Reise über Argentinien und Paraguay, nachdem ich zuvor Chile auf dem Landweg verlassen hatte."

Vertuschung von Menschenrechtsverbrechen

Und weiter heißt es: "Es hat mich viel gekostet, diese Entscheidung zu treffen, dennoch sehe ich keine Alternative, nachdem mich im vergangenen Januar ein Urteil vom Gericht in Talca zu fünf Jahren Haft verurteilte, wegen mutmaßlicher Komplizenschaft beim sexuellen Missbrauch von Minderjährigen des verstorbenen Herrn Schäfer." Das Urteil habe ihn wie eine Todesstrafe getroffen, so Hopp.

In seiner Begründung für den Auslieferungsantrag beruft sich Richter Zepeda auf Vertuschung eines Menschenrechtsverbrechens. Bei Menschenrechtsverbrechen hätte ein Auslieferungsantrag womöglich eher Aussicht auf Erfolg. Konkret geht es um die Entführung und das Verschwindenlassen von Juan Bosco Maino, Elizabeth Rekas und Antonio Elizondo am 26. Mai 1976 sowie die Bildung einer illegalen Vereinigung. Die drei Regimegegner waren vom Geheimdienst der Pinochet-Diktatur, Dina, verschleppt worden.

Die oberste Hierarchie der Colonia Dignidad war bereits früher mit deren Verschwinden in Verbindung gebracht worden, nachdem zwei Autos von Juan Bosco Maino auf dem Siedlungsgelände aufgetaucht waren.

Hopp gilt nach dem Gründer Paul Schäfer als mächtigster Mann der Siedlung - und als derjenige, der neben Schäfer Zugriff auf deren Vermögen hatte. Die Anfang der 1960er gegründete Kolonie diente während der Diktatur von Augusto Pinochet (1973-1990) als Folterzentrum des Geheimdienstes. In der heute "Villa Baviera" benannten Siedlung versuchen die verbliebenen Bewohner, mit Tourismus und anderen Aktivitäten zu wirtschaften. Dabei fehlen ihnen Millionenbeträge, die mit Schäfer und Hopp verschwunden sind. Schäfer starb 2010 in einem Gefängniskrankenhaus.

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