Führungskräfte-Verbandschef über Quote: „Die Flexiquote reicht nicht“

Mit den Plänen von Kristina Schröder könne man Männer-Netzwerke nicht durchbrechen, sagt Ludger Ramme. Und es gebe sehr praktische Gründe für eine Quote.

Bedroht keinen Mann: Die Chefin der Berliner Verkehrsbetriebe, Sigrid Nikutta. Bild: dapd

taz: Herr Ramme, wie viele Frauen sind in Ihrem Verband?

Ludger Ramme: Wir haben über 50.000 Mitglieder. Der Frauenanteil liegt etwa bei 13 Prozent.

Wieso sind die überwiegend männlichen Führungskräfte für eine Frauenquote?

Man kann die gesellschaftliche Entwicklung einfach nicht mehr übersehen. Und ich habe dem Vorstand vorgeschlagen, dass wir uns nun auch öffentlich positionieren, damit uns die Entwicklung nicht irgendwann überholt.

Mehr Chefsessel für Frauen heißt weniger Chefsessel für Männer. Gab es keinen Ärger?

Diese Haltung ist mir natürlich begegnet. So eine Angst muss man ernst nehmen. Aber mein Argument ist, dass wir aus demografischen Gründen demnächst nicht anders können, als uns auch bei den Frauen umzusehen. Das ist ein Zukunftsthema, das die Männer, die aktuell in Leitungspositionen sitzen, gar nicht bedroht. Und die leitenden Angestellten haben zur Hälfte auch Töchter, denen sie gerne Türen öffnen wollen.

Der 50-Jährige ist Jurist und Hauptgeschäftsführer des Deutschen Führungskräfteverbands.

Ein anderer Einwand ist, dass es schwer sei, so viele Frauen für Aufsichtsräte zu finden.

Ja, das hörte ich früher öfter: Die Frauen steigen alle vorher aus, die sind nicht bereit für die Ochsentour und das Netzwerken am Abend. Das ist eigentlich vorbei. Es wird verstärkt versucht, die Arbeitsbedingungen von Führungskräften so zu gestalten, dass man auch mit Kindern Chef oder Chefin sein kann. Und dann findet man auch Frauen. Die Leiterin der Berliner Verkehrsbetriebe zum Beispiel, Sigrid Nikutta, hat vier Kinder.

Sind Frauen die besseren Chefs?

Das kann ich nur aus meiner persönlichen Erfahrung sagen: Ich habe mit weiblichen Führungskräften ausnahmslos gute Erfahrungen gemacht. Mit männlichen Führungskräften waren sie dagegen sehr unterschiedlich.

Wenn das so ist: Warum fordern Sie dann nicht gleich 30 Prozent Frauen für die Aufsichtsräte?

Wir wollten nicht das x-te Quotenmodell in die Debatte werfen. Ob es nun erst 20 und dann 30 sind oder 40, das ist uns egal. Wir wollen ein Stufenmodell und es soll verbindliche Zielzahlen enthalten – und Ausnahmetatbestände für Branchen, in denen traditionell wenig Frauen arbeiten. Die Flexiquote von Ministerin Schröder reicht definitiv nicht aus.

Warum?

Weil man damit die Old-Boys’-Networks nicht durchbrechen kann. Aufsichtsratsposten werden oft als Gefallen für alte Freunde verteilt. „Der hat mir mal geholfen und ist in meinem Golfverein. Und unsere Väter waren auch schon befreundet, jetzt helf ich dem“. Da geht es leider nicht immer um Qualifikation.

Sie schulen in Ihrem Verband Aufsichtsräte. Wollen Sie einen Extrakurs für Frauen auflegen?

Nein, wir wollen Frauen und Männer zusammen schulen. Was man Frauen separat anbieten müsste, ist ein Netzwerk, denn in die Old-Boys’-Networks werden sie kaum eindringen können. Sie brauchen eigene.

Sie wollen die Quote. Aber die Unternehmerverbände lehnen sie ab. Wie kommt das?

Wir betreuen die Leitungsebene auf der Arbeitnehmerseite. In den Verbänden sitzen die Arbeitgeber, die Vorstände und Aufsichtsräte: Denen würde eine Quote richtig weh tun.

Warum engagieren Sie sich persönlich für die Quote? Drängelt Ihre Frau?

Meine Frau betreut unsere drei Kinder und ist weit entfernt von einem Aufsichtsratjob. Sie hat aber studiert und eine gute Ausbildung. Wir sind Geschädigte dieses Systems, in dem der Mann die besseren Aufstiegschancen hat. Wenn es in Deutschland so wäre wie in Norwegen, wo man auch mit Kindern gut Karriere machen kann, dann wäre unser Leben etwas anders verlaufen.

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