Friedensverhandlungen in Birma: Blind Date mit dem Frieden

Aung San Suu Kyi lädt Vertreter der ethnischen Minderheiten zu einer neuen Friedenskonferenz. Die Bedingungen sind ungünstig.

Aung San Suu Kyi steht an einem Rednerpult

Aung San Suu Kyi eröffnet mit einer Rede die Friedenskonferenz Foto: reuters

RANGUN taz | Wenn am Mittwoch in Birmas Hauptstadt Naypyitaw zum zweiten Mal Vertreter von Regierung, Militär, Rebellen und Zivilgesellschaft zusammenkommen, um über ein Ende eines der längsten bewaffneten Konflikte der Welt zu diskutieren, wird Tu Ja sich an den 16. Februar erinnern. Der Politiker vertritt bei Gesprächen das Volk der Kachin. Hunderte Angehörige der christlichen Minderheit im Norden Birmas waren damals aus dem ganzen Kachin-Staat in dessen Hauptstadt Myitkyina zusammengekommen, um ihre Forderungen zu diskutieren. Doch die Polizei hielt sie stundenlang davon ab, das Kongressgelände zu betreten. Die Kachin, die beschwerliche Reisen durch den unerschlossenen Staat hinter sich gebracht hatten, standen in ihrer traditionellen Tracht vor einem Tor, das der Staat ihnen buchstäblich vor der Nase zugemacht hatte. „So geht es uns Minderheiten in Birma“, sagt Tu Ja.

Die Kachin haben eine der schlagkräftigsten ethnischen Rebellenarmeen in Birma, mit deren Hilfe sie gegen Unterdrückung und Ausbeutung kämpfen. Seit Ende der Kolonialherrschaft 1948 herrscht im Vielvölkerstaat Bürgerkrieg. Unter den Briten waren die ethnischen Minderheiten Eigenständigkeit gewohnt. Vor allem nachdem das Militär sich 1962 an die Macht geputscht hatte und die Minderheiten unterdrückte, begehrten sie auf.

Inzwischen ist der Bürgerkrieg sechs Jahrzehnte alt. Das Land gilt seit der Machtübernahme von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi 2016 als Demokratie. Ihre Nationale Liga für Demokratie (NLD) hat Frieden zu ihrer obersten Priorität erklärt. „Wir müssen es schaffen, aus unserer Vielfalt Stärke zu gewinnen“, sagte Staatspräsident Htin Kyaw in seiner Ansprache zum buddhistischen Neujahr im April. Für über hunderttausend Menschen, die in Nordbirmas Flüchtlingslagern seit Jahren auf Frieden warten, klingt das wie Hohn.

Birmas Präsident Htin Kyaw

„Wir müssen aus unserer Vielfalt Stärke gewinnen“

Seit Aung San Suu Kyi vergangenen August einen Friedensprozess ins Leben rief, in den die internationale Gemeinschaft viel Hoffnung setzte, flammten immer wieder Kämpfe zwischen Armee und Rebellengruppen auf. Die Friedenskonferenz, die eigentlich im Februar hätte stattfinden sollen, wurde auf Mai verschoben. Angehörige der Minderheiten schimpfen: „Aung San Suu Kyi steckt auch nur unter einer Decke mit dem Militär.“ Bei Nachwahlen im April wurde ihre NLD vor allem in den ethnischen Regionen abgestraft.

Das Misstrauen ist groß

Die Stimmung ist angespannt. Es ist weiter unklar, welche Rebellengruppen an der Friedenskonferenz teilnehmen. Beobachter bezweifeln deshalb einen Erfolg. „Das Misstrauen der Rebellen gegenüber dem Militär ist weiterhin sehr groß. Das lässt sich nicht mit zwei Friedenskonferenzen beseitigen“, sagt der Analyst Myat Thu von der Yangon School of Political Science.

Als bei der Konferenz im August den Vertretern der United Wa State Army, die erst nach langem Zögern an der Konferenz teilnehmen wollten, eine falsche Akkreditierung ausgestellt wurde, verließen die Delegierten erbost die Konferenz.

Die Regierung bezeichnet die Konferenz als „Panglong des 21. Jahrhunderts“ und erinnert damit an Verhandlungen von Nationalheld Aung San, Aung San Suu Kyis Vater. Der General strebte nach der Unabhängigkeit Birmas von den Briten eine Art Föderalismus mit mehr Autonomie für die ethnischen Minderheiten an. Das Projekt zerbrach mit seiner Ermordung.

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