Freiwillige Helfer auf dem Kirchentag: Hand gegen Koje

Der harte Kern der Kirchentagshelfer sind die sogenannten „Hakas“. Die PfadfinderInnen nehmen sich für das religöse Großevent extra Urlaub.

Pfadfinder und Müllexperten: Bente (l.) und „Robbe“ Bild: Friedrich Göring

HAMBURG taz | Nessa Hoffmann ist 24 Jahre alt. Sie steht am Tresen nahe des südlichen Eingangs der Hamburger Messe. Hier werden die freiwilligen Helfer des Kirchentag empfangen. Von hier aus wird alles koordiniert. Helfer auf dem Kirchentag ist aber nicht gleich Helfer. Es gibt Helfergruppen, Einzelhelfer und es gibt „Hakas“.

Letztere sind der harte Kern der Kirchentagslogistik. „Hakas“ sind Helfer, die über drei Wochen lang unentwegt auf- und abbauen. Sie koordinieren die Besucherströme und kontrollieren die Eintrittskarten. Sie ermöglichen einen reibungslosen Ablauf in Hamburg.

Für Nessa Hoffmann ist es der 5. Kirchentag. Im normalen Leben studiert die junge Frau evangelische Theologie in Marburg. Viel spirituellen Input bekommt sie aber nicht. Sie ist nicht wegen den Veranstaltungen des Kirchentags hier. Es sind die Freunde und die Gemeinschaft, die Nessa beim Kirchentag seit Jahren sucht und wiederfindet.

Es gibt ungefähr 500 „Hakas“ auf dem Hamburger Kirchentag. Die meisten sind Mirglieder bei Vereinen wie dem Verein Christlicher Pfadfinder aus Bünden, der Waldjugend oder den Christlichen Pfadfindern Deutschlands.

Unter Seefahrern heißt es: Hand gegen Koje. So ist es auch auf diesem maritimen Kirchentag. Eine altes Krankenhaus in Eppendorf ist das Quartier der „Hakas“, geschlafen wird auf Isomatten. Fürs Waschen bleibt da manchmal keine Zeit.

Die Müllmafia

„Robbe“ und Bente sind Teil der Müllmafia. „Robbe“ heißt eigentlich Ian Hirsinger. Pfadfinder haben meistens Spitznamen. „Robbe“ ist seit 1991 auf Kirchentagen als Helfer unterwegs. Er ist seit über 10 Jahren der Obermüllmann auf dem Laientreffens. Eigentlich ist er Informatiker – Bürojob inkusive. Zum Ausgleich fährt er auf den Kirchentag. Was zum anfassen. Auch Erholung, sagt er.

Bente Oetken heißt wirklich so und sagt: „An sich ist es ein scheiß Job“. Bente gefällt der Müll aber gut. Mit Rollschuhen, Fahrrädern oder zu Fuß werden die Mülltonnen im Schichtdienst transportiert. 130 Helfer und 13 „Hakas“ versuchen die Abfallberge auf dem Kirchentag in den Griff zu bekommen.

Gerade ist die Bundeskanzlerin auf der Messe. Das Bundeskriminalamt hat verboten, dass die Stadtwerke die großen Müllpressen – das Epizentrum des Drecks – entleert werden können. So wird Angela Merkel auf einmal für die Müllmafia ein Problem.

In der Fahrbereitschaft winken die Ersten schon ab. Keine Zeit für ein Interview. Es herrscht reges Treiben. Meike „Rosi“ Brosi und Jonas Krüger setzten sich in den Fuhrpark aus Fahrrädern, Autos, Bussen und Lkws in die Sonne.

Den Urlaub geopfert

Jonas freut sich an seinem Geburtstag auf dem Kirchentag zu sein. Viele Freunde seien sowieso da. Da lohne es sich, seinen Urlaub für den Kirchentag zu opfern. Jonas arbeitet normalerweise in der Führerscheinstelle in Lahstedt, einem kleinen Ort bei Braunschweig.

Er entzieht Führerscheine und stellt Nummernschilder aus. Auf dem Kirchentag bleibt der Verwaltungsfachangestellte den Autos treu und nimmt die Fahraufträge entgegen. Betten der Bundeswehr für die Helfer verwandelt er hier genauso wie zwei Paletten Wasser schnell in einen Lieferschein.

Der kommt dann zu „Rosi“ an die „Dispo“, dem Tisch auf dem alle Lieferscheine koordiniert werden. An einer großen Tafel sieht sie, welcher Fahrer mit welchem Fahrzeug unterwegs ist. Sie verteilt Aufträge und schickt die Autos und Laster los. Auch „Rosi“ nimmt ihren dreiwöchigen Jahresurlaub für den Kirchentag. Sie ist Berufsschullehrerin. Zeit zum quatschen hat sie gerade keine. Der nächste Auftrag kommt gerade rein.

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