Freitagabendfilm „Besuch für Emma“: ARD kann auch gut

Überraschend: „Besuch für Emma“ erzählt von Armut und Einsamkeit mitten in der Großstadt – und bedient trotzdem keine Klischees.

Der Obdachlose August (Henry Hübchen) ist sauer auf Kassiererin Emma (Dagmar Manzel). Foto: ARD Degeto/Conny Klein

Es kommt einem so vor, als wollte die ARD den Eindruck, die Degeto sei ihre hauseigene Süßwarenfabrik, ein für alle Mal begraben. Obwohl Emma, Hauptfigur in „Besuch für Emma“ durchaus ein Faible für Süßes hat – für Sahnetorten, aber auch für Elvis Presley.

Emma sitzt in einer Drogerie an der Kasse und wohnt am „Kotti“ – dem Kottbusser Tor, jener Berliner Straßenkreuzung, die immer für das besonders schäbige Kreuzberg herhalten muss. Emma entwendet ihren Kunden bei Gelegenheit das Portemonnaie.

Doch eine Diebin ist sie nicht: Sie gibt sich als vermeintliche Finderin aus, nur damit die Kunden zu ihr in die Wohnung kommen, um ihr Portemonnaie abzuholen. Sie hat dann immer schon etwas gekocht. Seit ihr Mann tot ist und die Tochter aus dem Haus, ist sie einsam. Trostloser geht es nicht? Da kommt mit August die zweite Hauptfigur ins Spiel: der obdachlose August.

Sein Credo: „Lieber alleine als unglücklich.“ Emma kann es nicht fassen: „Für die meisten Leute is dit nich so! Die sind lieber zufrieden mit dit, wat se kriegen.“ Nach anfänglichem Naserümpfen – er stinkt – versucht sie also, August zu kriegen. Immerhin wird der von Henry Hübchen gespielt, weiß also seinen etwas rabiaten Charme auszuspielen.

„Besuch für Emma“, Freitag, 20.15 Uhr, ARD, mit Dagmar Manzel, Henry Hübchen u.a., Buch: Karlotta Ehrenberg, Regie: Ingo Rasper, Laufzeit: 88 Minuten.

Hübchen und Dagmar Manzel, die bestmögliche Besetzung, berlinern um die Wette, machen Konversation, nein, sie quatschen in der Sprachvarietät, die neben Ruhrpöttisch die unglamouröseste hierzulande ist. In alter Degeto-Manier könnte hier das Happy End kommen – aber das bleibt aus.

Mit „Besuch für Emma“ bringen Karlotta Ehrenberg (Buch) und Ingo Rasper (Regie) das im deutschen Fernsehen einzigartige Kunststück fertig, eine (trotz „Kotti“) kein Klischee bedienende, nichts beschönigende, gänzlich unromantische, absolut kitschfreie und dabei nahezu warmherzige, doch irgendwie schöne Geschichte zu erzählen. Nicht zu fassen!

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