Frauenrechtlerin in Afghanistan: Erschossen auf dem Weg zur Arbeit

Die Frauenbeauftragte der afghanischen Provinz Laghman wurde erschossen. Ihre Vorgängerin war ebenfalls bei einem gezielten Attentat getötet worden.

Die Gewalt gegen Frauen in Afghanistan nimmt zu. Bild: reuters

ABU DHABI taz | Taliban-Kämpfer hatten bereits ihre Vorgängerin ermordet: Am Montag kam Nadia Sidiqui, Frauenbeauftragte im Osten Afghanistans, bei einem Anschlag ums Leben. Zwei unbekannte Männer erschossen die Direktorin der Frauenbehörde der Laghman-Provinz auf ihrem Weg zur Arbeit. Der Mord belegt erneut, dass die Gewalt gegen Frauen in Afghanistan weiter zunimmt. Erst letzte Woche war eine afghanische Impfaktivistin umgebracht worden.

Sidiqui hatte den Posten als Frauenbeauftragte erst vor Kurzem übernommen, nachdem ihre Vorgängerin, Hanifa Safi, im Juli von einer Bombe in ihrem Fahrzeug getötet worden war. Safi soll die Behörden immer wieder um mehr Schutz gebeten haben, offenbar ohne Erfolg. Auch ihre Nachfolgerin, Sidiqui, war ohne Leibwächter und ohne sicheres Fahrzeug unterwegs. „Sie wurde erschossen, als sie gerade in eine Rikscha stieg“, erklärte ein Sprecher der Provinzregierung in der 150 Kilometer von Kabul entfernten Provinzhauptstadt Mehtar Lam.

Zunächst bekannte sich niemand zu dem Mord. Die aufständischen Taliban verüben jedoch seit Längerem gezielte Attentate auf Politiker und Beamte, um die vom Westen gestützte Regierung in Kabul zu schwächen. Vor wenigen Tagen wurde Geheimdienstchef Asadullah Khalid von einem Selbstmordkommando verletzt. Am Montag kam auch der Polizeichef der Nimroz-Provinz bei einem Anschlag ums Leben.

Auch die Attentate auf Frauen häufen sich: Anfang Dezember wurde eine junge afghanische Impfaktivistin erschossen. Die 21-jährige Anisa arbeitete als ehrenamtliche Helferin in einem Dorf in der Provinz Kapisa, um Kinder gegen Polio zu impfen. Die Krankheit ist in Afghanistan noch weit verbreitet. Bereits am Vortag hatte Anisa ein Attentat überlebt. Beobachter in Kapisa wie die Parlamentarierin Tahera Mojaddidi machten die Taliban verantwortlich. Im Nachbarland Pakistan verwehren die islamistischen Kämpfer Impfteams den Zugang zu den von ihnen kontrollierten Gebieten.

Die radikal-islamischen Taliban hatten während ihrer Herrschaftszeit über Afghanistan in den 1990er Jahren Frauen die Arbeit außerhalb des Hauses untersagt und Mädchen den Schulbesuch verboten. Frauenrechtsorganisationen wie das Afghan Women’s Network fürchten, die Rechte von Frauen könnten wieder stark eingeschränkt werden, wenn Nato-Kampftruppen 2014 Afghanistan verlassen und sich die internationale Aufmerksamkeit vom Land abwendet.

Zwar garantiert die afghanische Verfassung Frauen und Männern gleiche Rechte, doch in der konservativen und tief religiösen Gesellschaft werden Frauen, die einen Beruf ausüben, immer noch belästigt, geächtet und bedroht. Gewalt, Missbrauch, Kinderehen und Zwangsheiraten gehören zum Alltag vieler Afghaninnen. Die Lebenserwartung von Frauen in Afghanistan liegt laut UN bei nur 44 Jahren. Das Land hat weltweit die zweithöchste Sterblichkeitsrate von Müttern. Die Zahl der Geburten pro Frau liegt im Schnitt 6,5 Kindern. Mehr als 80 Prozent der Afghaninnen sind Analphabetinnen.

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