Frankreichs Präsident vor US-Kongress: Auf Küsschen folgt Kritik

In seiner Rede bekräftigt Macron eine ganz andere Politik als die seines neuen Freundes Donald: mehr Klimaschutz und Kritik an Handelskriegen.

Frankreichs Präsident zeigt im US-Kongress den Daumen nach oben

Macron begeistert in Washington – zum Schluss seiner Rede aber eher die Demokraten Foto: ap

NEW YORK taz | Nach zwei Tagen als Staatsgast in einem Tête-à-tête mit US-Präsident Donald Trump ist Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Mittwoch vor den beiden Kammern des US-Kongress in Washington aus dem Schatten seines Gastgebers getreten. Und er nutzte die Gelegenheit, um den Küsschen und Umarmungen für seinen Gastgeber harte Kritik folgen zu lassen.

In seiner Rede lieferte Macron ein Plädoyer für eine Politik, die ganz anders als jene seines neuen Freundes Donald klingt. Macron kritisierte Nationalismus und Isolationismus. Er verteidigte die Notwendigkeit von internationalen Organisationen, forderte ein fortgehendes internationales Engagement, kritisierte Handelskriege, er machte auch einen neuen Versuch, den US-Präsidenten davon abzuhalten, das Iran-Abkommen im Mai aufzukündigen. Leidenschaftlich appellierte er für eine gemeinsame Klimapolitik: „Es gibt keinen Planeten B“, rief Macron einen Slogan der Klima­bewegung in den Raum.

Für die USA war es der erste ausländische Politiker, der unter Trump zu einer Rede vor dem Kongress eingeladen wurde. Für die Abgeordneten der Demokratischen Partei war es die erste Gelegenheit, mit dem französischen Staatsgast auf Tuchfühlung zu gehen. Denn Trump hatte ihn bis dahin weitgehend von der Opposition abgeschirmt. Zum Staatsdinner am Dienstag mit 150 Gästen hatte der US-Präsident entgegen der Tradition keinen demokratischen Abgeordneten geladen.

In den ersten Minuten der auf Englisch vorgetragenen Rede war der Applaus für den Staatsgast parteiübergreifend. Republikaner und Demokraten standen immer wieder zum Beifall auf, als Macron das beschrieb, was er als Stationen der gemeinsamen Geschichte der USA und Frankreichs betrachtet: von der Französischen Revolution und dem US-Unabhängigkeitskrieg über den „Krieg gegen den Imperialismus und den gegen den Nazismus“ und „das gemeinsame Vorgehen gegen die stalinistische Drohung“ bis hin zum Kampf gegen den Terrorismus.

Der Applaus der Republikaner wurde allmählich schwächer

Sie klatschten auch noch parteiübergreifend, als er über verbindende Traditionen in Philosophie, Musik, Literatur und Wissenschaft sprach. Und als er darüber witzelte, dass schon Voltaire und Benjamin Franklin bei einer Begegnung in Paris im Jahr 1778 lange Umarmungen und Wangenküsse ausgetauscht haben.

Doch der Applaus von republikanischer Seite wurde allmählich schwächer, als Macron von der Geschichte auf die Gegenwart zu sprechen kam. Als er für den Multilateralismus plädierte, der Trump ein Dorn im Auge ist, blieben viele Republikaner sitzen. Zu ihnen gehörten der Sprecher des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, und der Vizepräsident der USA, Mike Pence, die hinter dem Redner saßen.

Macron erklärte, warum er weiterhin hoffe, dass die USA zu dem Klimaabkommen zurückkehren, warum er glaubt, dass eine „intelligent regulierte Marktwirtschaft“ im Interesse aller Beteiligten ist und dass ein Handelskrieg ein Bruch „mit unserer Geschichte“ wäre. Dann begründete der französische Präsident, warum es zu dem Abkommen mit dem Iran keine Alternative gebe.

Am Schluss seiner dreiviertelstündigen Rede stellte Macron sich in eine Reihe mit General Charles de Gaulle, dem einzigen seiner Amtsvorgänger, der vor dem US-Kongress gesprochen hat. Und er rief ein „Vive la République“ in den Raum, aus dem ihm die Abgeordneten mit minutenlangem Beifall zeigten, wie sehr sie sich nach Worten sehnten, die anders klingen als die von Trump.

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