Forsa-Umfrage: Grüne Schweißausbrüche

Der „Stern“ veröffentlicht eine Forsa-Umfrage, nach der 75 Prozent der Grünen-Wähler Merkels Griechenkurs gut finden. Klingt seltsam? Ist es auch.

Fotomontage mit Motiven von Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Einfach immer toll: die Kanzlerin. Foto: reuters

Die Frage ist ja ganz einfach: Wollen Sie, dass diese niedliche Katze ertränkt wird – oder hat Angela Merkel die Griechenkrise gut gelöst? Anders formuliert: Möchten Sie dieses Jahr den Urlaub streichen – oder macht die Kanzlerin ihre Arbeit gut?

Nichts erfreute die deutschsprachigen Nutzerinnen und Nutzer von Twitter am Mittwoch mehr als die unter #forsafragen ausgebreiteten Variationen des Motivs „Stelle eine Frage so, dass Merkel gut aussieht“.

Anlass war eine Meldung des Stern, die zwei Vermutungen aufwarf: Kann es sein, dass manches Umfrageinstitut seine Fragen so formuliert, dass im Ergebnis immer die Kanzlerin gut aussieht? Oder ist es möglich, dass Nachrichtenmagazine Umfragen so in Auftrag geben, dass im Ergebnis immer die Kanzlerin gut aussieht?

Das Magazin der Stern, das seit vielen Jahren mit dem Meinungsforschungsinstitut Forsa zusammenarbeitet, schrieb: „Nach der Einigung mit Griechenland […] sind nach einer weiteren Forsa-Umfrage […] 55 Prozent der Bundesbürger der Auffassung, dass sich Bundeskanzlerin Angela Merkel alles in allem richtig verhalten habe. 31 Prozent finden, dass sie Griechenland zu einem Ausstieg aus der Gemeinschaftswährung Euro hätte zwingen sollen.“

Grüne Pickelhauben

Was nun bei den Grünen sofort für Schweißausbrüche sorgte, war der Satz: „Vor allem die Anhänger der Grünen sind mit der Kanzlerin zufrieden: 75 Prozent bescheinigen ihr, im Einigungsprozess richtig verhandelt zu haben.“ Sollte heißen: Niemand, nicht einmal die Unions-Wähler, findet Merkel gerade toller als Grüne – und das, wo sich deren Häuptlinge seit Tagen so bemühen, die Kanzlerin zu kritisieren.

Forsa-Chef Manfred Güllner hat sich in einem Interview mit dem Stern zur Kritik geäußert. Darin dementiert er, die Umfrage so gestaltet zu haben, dass die Kanzlerin in Bezug auf ihren Umgang mit Griechenland immer gut wegkommt.

Die der Stern-Meldung zugrunde liegende Erhebung ließ offenbar nur die Antworten (1) Danke, Frau Merkel, (2) Grexit und (3) keine Meinung zu. Letzteres ist nun für Grünen-Wähler bekanntlich überhaupt keine Option, aber auch der Grexit findet bei der Europapartei noch weniger Zustimmung als anderswo. Bleibt also: genau.

Erfahrene Spindoktoren dürften schon Parteichef Cem Özdemir und Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt mit Pickelhaube auf dem nächsten Zeitungstitel vor sich gesehen haben: „Grüne noch eiserner als Merkel!“, „2017 wird das Jahr der eisernen Koalition!“, „Schwarz-Grün – ein Traum von Stahl und Chrom!“

Das #forsafragen-Feuerwerk auf Twitter war daher am dichtesten in Grünen-Kreisen und erbrachte so den Nachweis, dass strategische Affekte bei Grünen noch nach Jahren die Fantasie sprießen lassen – „Finden sie es auch gut, dass Angela Merkel Kanzlerin ist, oder sollte Stefan Mappus stattdessen Bahnchef werden?“, twitterte ein längst ausgeschiedener Pressesprecher.

Grüne Gesichter

Natürlich aber sind Fragetechniken von Umfrageinstituten kein Grünen-Problem. Von den renommierten Umfrage-Instituten ist nun Forsa schon mehrfach aufgefallen. Von 1998 bis 2003 etwa ließ das Centrum für Hochschulentwicklung, ein Bertelsmann-Thinktank, Forsa eine Umfrage unter Studierenden zu verschiedenen Studiengebührenmodellen machen. Ergebnis war die Meldung: Mehrheit der Studis für Gebühren. Bloß: Ein Kreuz für „Nein“ zu Gebühren war nicht möglich.

Forsa-Chef Manfred Güllner wird außerdem nachgesagt, dass er der SPD ihre Undankbarkeit gegenüber Gerhard Schröder seit 2005 nicht verzeihen kann und sie deshalb Woche für Woche im Stern mit schlechten Umfragewerten bestraft. Der Nachweis, dass sich diese Schröder-Treue in den Fragen abbildet, ist allerdings nie gelungen. Aber jetzt ist der SPD-Chef ja auf Schröder-Linie. Vielleicht müssen nun die Grünen fürchten, ihr Gesicht im bundesdeutschen Umfragepolitikgemälde nicht mehr selbst ausmalen zu dürfen.

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