Flughafen: Tegel bleibt im Gespräch

Mehdorn dementiert Pläne für Tegel als "Premiumstandort". Doch die Idee ist in der Welt. Senat rüstet sich für Tegel-Debatte.

Sieht ja schön aus, aber... Ein Helikopter zwischen Tegel und Mond, während der Abreise von US-Präsident Barack Obama. Bild: dpa

Doch kein Upgrade für den Flughafen Tegel: „Der Weiterbetrieb von Tegel als sogenanntem Premiumstandort ist nicht geplant“, teilte Flughafenchef Hartmut Mehdorn am Freitag mit. Damit dementierte er einen entsprechenden Artikel der Zeit. Letztere hatte dafür ein „vertrauliches Startegiepapier“ des Flughafenmanagements zitiert und das Szenario eines Tegel-Weiterbetriebs über 2019 hinaus skizziert. Ein solches Papier sei ihm nicht bekannt, erklärte Mehdorn.

Für das Papier mag das stimmen, die Überlegungen aber, Tegel als Standort für ausgewählte Kundschaft zu erhalten, kennt Mehdorn nicht nur, er ist ihr Urheber: Bei seinem ersten Auftritt als Flughafenchef im BER-Sonderausschuss des Brandenburger Landtags im März stellte er in den Raum, ob man die Lasten nicht gleichmäßig verteilen könne: Ein paar Charterflüge in Tegel, was wäre daran schlimm?, fragte Mehdorn damals.

Sein Mantra seitdem: Ein Flughafen mit zwei Startbahnen wie der BER tauge nicht zum internationalen Drehkreuz. Zu groß sei das Risiko, dass eine Bahn ausfällt. Die Flughafengesellschaft könne gern mit dem Flughafen Leipzig Verträge für den Notfall abschließen, sagte Mehdorn am Montag sarkastisch. Wenn eine der BER-Bahnen ausfiele, könnten Flieger dann auf Leipzig ausweichen. Sein Szenario untermalte er wiederholt mit dem Hinweis, dass eine der beiden Bahnen in Schönefeld sanierungsbedürftig ist. 2017 sollen die Erneuerungsarbeiten beginnen. Spätestens dann würde der BER Kapazitätsprobleme bekommen, so die Warnung. Doch bewerkstelligen ließe sich die Sanierung auch ohne Schließung einer Piste: nachts, außerhalb des Flugbetriebs. Mehdorn hält das für zu teuer. Aber er liefere ja ohnehin nur Diskussionsbeiträge: „Wenn die Politik etwas will, dann kann sie es durchsetzen.“

Anwohner und Politiker kritisieren die fortdauernde Debatte über einen langfristigen Weiterbetrieb des Flughafens Tegel - sowie deren Initiator, Flughafenchef Hartmut Mehdorn. "Das ist kompletter Irrsinn", sagte das SPD-Landesvorstandsmitglied Klaus Mindrup der taz. "Ich weiß nicht, was Herrn Mehdorn in den Tee gekippt wurde." Mindrup tritt bei der anstehenden Bundestagswahl als Direktkandidat in Pankow an.

Sein Konkurrent, der Grünen-Obmann im Flughafen-Untersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses, Andreas Otto, sagte der taz, Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) trage Verantwortung für die Verunsicherung vieler Tegel-Anrainer. "Herr Mehdorn ist Herrn Wowereit unterstellt. Es ist also kaum vorstellbar, dass er ohne Rückendeckung von oben für die Tegel-Fortführung wirbt."

Der Pankower Bundestagsabgeordnete Stefan Liebich (Linke) erklärte: "Mehdorn soll das umsetzen, was die Eigentümer Berlin, Brandenburg und die Bundesregierung entschieden haben - nicht umgekehrt." 1996 hatten die Eigner festgelegt, dass der BER in Schönefeld nach seiner Eröffnung der einzige Flughafen in der Region sein wird.

Der Initiator der Onlinepetition für ein striktes Nachtflugverbot am Flughafen Tegel und dessen Schließung, Klaus-Dieter May, sagte, viele Menschen in den betroffenen Kiezen fühlten sich um das Versprechen betrogen, dass Tegel schließen werde. "Aber durch Mehdorns immer neue Äußerung zur Offenhaltung wachen gleichzeitig immer mehr auf und fangen an, sich zu wehren." Unterdessen dementierte Mehdorn angebliche Pläne, Tegel als "Premiumstandort" weiterzubetreiben.

Derzeit will die Politik keinen Tegel-Weiterbetrieb, das haben die Regierenden in Berlin und Brandenburg mehrfach bekräftigt. Vertreter des Bundes als dritten Flughafeneigners betonen, dass die rechtlichen Hürden davor enorm hoch lägen.

Bemerkenswert ist jedoch, dass Mehdorn schon jetzt viele dazu gebracht hat, sich intensiv mit ebendiesen rechtlichen Hürden zu befassen – trotz des festen politischen Willens gegen den Tegel-Weiterbetrieb und der 1996 festgelegten Regelung, Tegel sechs Monate nach der Inbetriebnahme beider BER-Startbahnen zu schließen. Die Verwaltung von Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) hat gerade eine Analyse zur rechtlichen Situation Tegels anfertigen lassen, um sich für die Debatte zu munitionieren; die beauftragte Kanzlei hat das Land Berlin jahrelang in den Verfahren zur Schließung von Tempelhof und Tegel vertreten.

Ein von den Piraten beim wissenschaftlichen Dienst des Abgeordnetenhauses in Auftrag gegebenes Gutachten steht noch aus, während dessen Pendant im Bundestag seine von der FDP-Fraktion bestellte Untersuchung bereits im April vorgelegt hat: Demnach könne die bisherige Sechsmonatsfrist durch ein Moratorium verlängert und die Wirtschaftlichkeit eines Parallelbetriebs zweier Flughäfen in der Region erprobt werden.

Allerdings müsste an vielen Schrauben gedreht werden: am gemeinsamen Landesentwicklungsplan Berlins und Brandenburgs, der widerrufenen Betriebsgenehmigung und dem aufgehobenen Planfeststellungsbeschluss für Tegel. Außerdem bezweifeln viele die in dem Bundestagsgutachten geäußerte Auffassung, der Planfeststellungsbeschluss für den BER entfalte keine Bindungswirkung für die Schließung Tegels.

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