Flüchtlingsschiff „Aquarius“ an Land: Angekommen in Spaniens Politik

Die Irrfahrt der „Aquarius“ hat ein Ende. Die Geflüchteten bekommen ein vierwöchiges Bleiberecht in Spanien. Die Opposition macht bereits Stimmung.

mehrere Personen an Bord eines Schiffes

Endlich im Hafen. Geflüchtete singen an Deck des Flüchtlingsschiffes Foto: reuters

MADRID taz | Die Irrfahrt hat eine Ende. Die „Aquarius“ und die beiden italienischen Begleitschiffe sind am Sonntag im Laufe des Morgens zeitversetzt im spanischen Mittelmeerhafen Valencia angekommen. Die 629 Geflüchteten, darunter 123 Minderjährige, 11 Babys und sechs schwangere Frauen, wurden von rund 2.000 Helfern der Operation „Hoffnung Mittelmeer“ empfangen.

Diese wurde von den örtlichen, regionalen und staatlichen Behörden zusammen mit dem Roten Kreuz, mehreren NGOs sowie der katholischen Kirche durchgeführt. Spanien hatte die Aufnahme der aus Seenot Geretteten angeboten, nachdem sich Malta und Italien geweigert hatten, die „Aquarius“ einen ihrer Häfen anlaufen zu lassen.

Es werde keine besondere Behandlung der 629 Flüchtlinge geben, betonte Innenminister Fernando Grande-Marlaska. „Wir werden sie genauso behandeln, als hätten sie in kleinen Booten nach Spanien übergesetzt“, erklärte er. Das heißt, die auf der „Aquarius“ Geflüchtete können Asylanträge stellen, die dann geprüft werden. Wer dies nicht tut, kann aus humanitären Gründen auf Bleiberecht bestehen. Unbegleitete Minderjährige dürfen bleiben, solange man ihre Familien nicht ausfindig machen kann.

Aber: „Wer die gesetzlichen Anforderungen nicht erfüllt, gegen den wird ein Abschiebeverfahren eröffnet“, so der Minister. Einziges Zugeständnis: Die 629 Neuankömmlinge bekommen ein vierwöchiges Bleiberecht.

Josep Borrell, Außenminister Spanien

Es ist das Problem aller, nicht ein Jahr das von Griechenland und im nächsten das von Italien“

Die neue spanische Regierung schaut nach Brüssel und will auf Einnheitlichkeit der Flüchtlingspolitik achten. „Es ist das Problem aller, nicht ein Jahr das von Griechenland und im nächsten Jahr das von Italien“, sagt Außenminister Josep Borrell, der einst dem Europaparlament vorstand. Er appelliert an die „Solidarität“ in der EU. Er weiß, dass es auch Spanien treffen könnte.

Spaniens hochgerüstete EU-Außengrenze

Bisher liegt das Land außerhalb der großen Migrationsbewegungen der letzten Jahre. Auch weil die Grenze zu Afrika hochgerüstet ist wie sonst keine andere europäische Außengrenze. Über 70 Millionen Euro wurden seit 2004 in die Grenzanlagen der beiden spanischen Exklaven in Nordafrika, Ceuta und Melilla, investiert. Der dreifache Zaun ist sechs Meter hoch, da­rauf messerscharfer Natodraht. Dieser soll jetzt entfernt werden.

Eine breite Straße für Einsatzfahrzeuge führt die gesamte Grenze entlang. Zwischen den ersten beiden Zäunen wurde ein Gewirr aus Stahlseilen installiert, das es erschwert, von einem Zaun zum nächsten zu kommen. In der hell erleuchteten Gasse warten Grenzpolizisten in voller Kampfmontur.

Die Meerenge zwischen Spanien und Marokko, die Straße von Gibraltar, wird mit Kameras, Radar und Hubschrauber überwacht. Das System kostete mittlerweile um die 300 Millionen Euro. Dennoch kommen in Spanien jeden Tag im Schnitt 75 Menschen an, die all diese Hindernisse überwinden konnten.

Die neue spanische Regierung wird Aufnahmepolitik und den Verhandlungsstil in Brüssel ändern wollen. Doch allzu weit wird sich auch Pedro Sánchez nicht aus dem Fenster lehnen. Die Opposition nutzt die Aufnahme der 629 Flüchtlinge von der „Aquarius“ bereits, um Stimmung zu machen. Es sei „eine humanitäre Ausnahme, die nicht zum Normalfall werden darf“, erklärt der Chef der rechtsliberalen Ciudadanos, Albert Rivera. Mariano Rajoys Konservative werden noch deutlicher: Die Öffnung der Häfen sei „sehr gefährlich“, so ein Parteisprecher. Spanien dürfe kein „Schlupfloch“ werden.

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