Flüchtlinge in Mecklenburg-Vorpommern: Zurück ins Heim

Flüchtlinge sollen raus aus ihrer Wohnung und wieder in eine Gemeinschaftsunterkunft ziehen. Der Grund: Dort sind bezahlte Plätze frei.

Ein Mann schaut durch einen Zaun

Keine schöne Aussicht Foto: dpa

HAM­BURG taz | Me­cklen­burg-Vor­pom­mern will bei der Un­ter­brin­gung von Flücht­lin­gen spa­ren. Wie der dor­ti­ge Flücht­lings­rat be­rich­tet, sol­len Ge­flüch­te­te, die be­reits in Woh­nun­gen leben, wie­der zu­rück in zen­tra­le Ge­mein­schafts­un­ter­künf­te zie­hen. „Wir er­hal­ten ge­ra­de sehr viele An­ru­fe, wo Men­schen sich be­schwe­ren“, be­rich­tet die Vor­sit­zen­de Ul­ri­ke See­mann-Katz. Be­trof­fen seien auch Fa­mi­li­en, deren In­te­gra­ti­ons­maß­nah­men ab­ge­bro­chen wer­den müss­ten.

Die Bil­dungs­ein­rich­tung Na­tu­ra et Artes gGmBH in Schors­sow in der Meck­len­bur­gi­schen Schweiz zum Bei­spiel hatte zehn Woh­nun­gen ver­mie­tet, in denen 29 Men­schen wohn­ten, dar­un­ter auch Fa­mi­li­en und ein Baby. „Die muss­ten ges­tern fast alle weg­fah­ren mit dem Bus“, be­rich­tet die Ge­sell­schaf­te­rin Sonja Rich­ter.

Un­ter­ge­bracht seien sie nun in Ge­mein­schafts­un­ter­künf­ten mit Stock­bet­ten in Groß Mar­kow und Te­terow. „Es wurde ihnen ge­sagt, es wäre dort si­che­rer“, be­rich­tet Rich­ter. Bit­ter sei der Fall eines jun­gen Man­nes, der nach einem Prak­ti­kum bei ihrer klei­nen Firma be­reits einen be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trag er­hielt. „Er hat für sich, seine Freun­din und Baby hier eine Woh­nung ge­mie­tet.“

12.000 Flüchtlinge in Wohnungen

Eine „Rolle rück­wärts“ nennt die grüne Po­li­ti­ke­rin Silke Gajek das Vor­ge­hen von CDU-In­nen­mi­nis­ter Lo­renz Caf­fier. Denn weil es im ver­gan­gen Herbst an Ge­mein­schafts­un­ter­künf­ten fehl­te, brach­ten Me­cklen­burgs Kom­mu­nen die Men­schen über­wie­gend in Woh­nun­gen unter. Fast die Hälf­te der ins­ge­samt 22.700 Flücht­lin­gen im Land (12.000) woh­nen in einer ei­ge­nen Woh­nung. Viele be­grü­ßen das: Die Ge­flüch­te­ten ge­nie­ßen Pri­vat­sphä­re, die In­te­gra­ti­ons­chan­cen er­hö­hen sich.

Doch in­zwi­schen hat das Land 27 Groß­un­ter­künf­te fer­tig ge­stellt. Und in ihnen sind jetzt Plät­ze frei. Die Grüne Silke Gajek stell­te des­we­gen eine An­fra­ge an das Mi­nis­te­ri­um: Wur­den die Kom­mu­nen an­ge­wie­sen, Woh­nun­gen für Ge­flüch­te­te zu kün­di­gen?

Das Mi­nis­te­ri­um mo­gelt sich um die Ant­wort. „Eine An­wei­sung gab es nicht“, sagt ein Mi­nis­te­ri­ums­spre­cher der taz. Die Mit­ar­bei­ter der zu­stän­di­gen Ab­tei­lung hät­ten aber mit jeden Land­kreis ge­son­dert „er­ör­tert“, dass die Plät­ze in den Ge­mein­schafts­un­ter­künf­ten „zu nut­zen sind“. Das liege auch im In­ter­es­se des Steu­er­zah­lers.

Wahlkampfzug?

Das Land müsse sonst fixe Kos­ten zah­len, un­ab­hän­gig von der Be­le­gung, und zu­sätz­lich die Kos­ten für die Un­ter­brin­gung in Woh­nun­gen. Seien Fa­mi­li­en be­reits in­te­griert, stehe der de­zen­tra­len Un­ter­brin­gung nichts ent­ge­gen. Im Üb­ri­gen ent­spre­che es dem Ge­setz, Asyl­be­wer­ber für die Dauer des Ver­fah­rens ge­mein­sam un­ter­zu­brin­gen. Erst nach der An­er­ken­nung als Flücht­ling, so das Mi­nis­te­ri­um, solle eine de­zen­tra­le Un­ter­brin­gung er­fol­gen.

Das sieht Silke Gajek an­ders. De­zen­tra­le Un­ter­brin­gung müsse Vor­rang haben. „Auch Ge­flüch­te­te haben ein Recht auf Pri­vat­sphä­re“. Ver­mie­te­rin Rich­ter be­rich­tet, dass auch an­er­kann­te Flücht­lin­ge um­zie­hen müs­sen. Kurz vor der Wahl, sei das „wohl po­li­tisch zu sehen“.

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