Flüchtlinge in Frankreich: Entmietung im Morgengrauen

Die Polizei räumt eine Mittelschule in Paris, die Flüchtlinge besetzt hatten. Für die 1.300 Personen soll es angeblich Ersatzunterkünfte geben.

Flüchtlinge vor dem Lycée Jean-Quarré in Paris.

Flüchtlinge vor dem Lycée Jean-Quarré in Paris, das am Freitagmorgen geräumt wurde. Foto: reuters

PARIS taz | Die Polizei hat am frühen Morgen eine von rund 700 Flüchtlingen und obdachlosen Migranten besetzte ausgediente Mittelschule in der französischen Hauptstadt Paris geräumt. Die Bewohner dieses improvisierten Flüchtlingsheims wurden in Bussen zu mehreren Unterkünften transportiert, wo angeblich insgesamt 900 Plätze für sie zur Verfügung standen.

Die rot-grüne Stadtregierung hatte diese Räumung wegen der hygienisch prekären Verhältnisse in der ehemaligen Schule verlangt, aber auch gewünscht, dass die Leute, die dort Unterschlupf gefunden hatten, nicht einfach auf die Straße gestellt würden. Über ihren Aufenthaltsort und die Dauer ihrer Unterbringung wurde den Medien und den Hilfsorganisationen nichts mitgeteilt.

Der anwesende Polizeipräfekt von Paris, Jean-François Carenco, versicherte indes, alle würden einen Platz in einer Unterkunft erhalten, das sei eine Frage der „humanitären Dringlichkeit“. Die Überraschung kam gegen Mittag, als offiziell bekannt gegeben wurde, es seien nicht 700, sondern 1300 Personen evakuiert worden.

Die mehrheitlich afrikanischen Bewohner des ehemaligen Lycée Jean-Quarré im Norden von Paris waren jedoch am Vorabend informiert worden, damit sie sich vorbereiten und ihre Habseligkeiten packen konnten. Als um sechs Uhr früh die Polizei mit zahlreichen Bereitschaftsfahrzeugen und 26 Reisebussen eintraf, standen darum viele von ihnen, die sich an den Händen hielten, um nicht getrennt zu werden, mit ihrem Gepäck vor dem Gebäude, auf dessen Fassade in großen Lettern „Solidarité“ geschrieben steht.

„Papiere statt Polizisten“

In einer benachbarten Straße hielten sich Einheiten der Ordnungspolizei CRS in Bereitschaft. Die Räumungsaktion verlief aber insgesamt eher ruhig, einige Migranten und Mitglieder von Hilfsorganisationen forderten allerdings lautstark Aufenthaltsgenehmigungen mit dem Slogan „Moins de policiers, plus de papiers!“ (Papiere statt Polizisten). Am Ende durchforsteten die Polizisten alle Räume und Winkel der Schule, um sicher zu sein, dass sich nicht doch einige der Besetzer versteckt hatten.

In den vergangenen Monaten hatte die Pariser Polizei mehrfach Camps geräumt, die von Flüchtlingen mangels Alternativen unter Autobahnbrücken oder in Parks errichtet worden waren. Im September waren die Zeltbewohner eines besetzten Grundstückes neben dem Bahnhof Gare d‘Austerlitz vertrieben worden. Ein Teil von ihnen soll im Lycée Jean-Quarré Zuflucht gefunden haben. Die Behörden haben Angst, dass sich in Paris, wenn auch in kleinerem Ausmaß, unkontrollierbare Flüchtlingslager wie in Calais bilden.

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