Flüchtlinge in Deutschland: Länderbehörden zählen 945.000

Etwa 330.000 Menschen haben 2015 formal einen Asylantrag gestellt. Die Kommunen fordern für die Flüchtlingshilfe mehr Geld von Bund und Ländern.

Neu bereitgestellte Betten für Flüchtlinge in einem Hangar des ehemaligen Flughafens Berlin-Tempelhof.

Neu bereitgestellte Betten für Flüchtlinge in einem Hangar des ehemaligen Flughafens Berlin-Tempelhof Foto: dpa

BERLIN dpa | Bei den Flüchtlingszahlen in Deutschland ist die Millionen-Marke fünf Wochen vor Jahresende fast erreicht. Bisher sind nach Informationen aus Länderkreisen knapp 945.000 Flüchtlinge hier angekommen – schon weit mehr als die von der Bundesregierung für dieses Jahr offiziell erwarteten 800.000. Städte und Gemeinden richteten vor diesem Hintergrund einen weiteren Hilferuf an den Bund und die Länder: Die Kommunen seien an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit und dürften nicht überfordert werden.

Allein im November kamen mehr Flüchtlinge an als jemals zuvor in einem Monat. Die Bundespolizei zählte bis Anfang der Woche mehr als 190 000 erfasste Ein- und Ausreisen von Asylsuchenden, wie ein Sprecher der Behörde sagte – der allergrößte Anteil waren Einreisen. Am Mittwoch kamen bundesweit etwa 7500 Menschen an – davon etwa 6050 in Bayern. Diese Zahlen seien in den vergangenen drei Wochen relativ konstant gewesen, hieß es.

Die Zahl von rund 945.000 Asylbewerbern beruht auf dem EASY-System der Länder, mit dessen Hilfe die neu ankommenden Flüchtlinge verteilt werden. Sie enthält jedoch Mehrfachregistrierungen, wie Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) zu bedenken gab. Nicht zu verwechseln sind die EASY-Zahlen mit der Zahl der Menschen, die bereits formal einen Asylantrag gestellt haben. Das waren bis Ende Oktober etwa 330.000 Menschen in Deutschland.

Im Vergleich dazu haben nur sehr wenige abgelehnte Asylbewerber Deutschland wieder verlassen. Bis September wurden nach Zahlen aus dem bayerischen Innenministerium bundesweit 13.464 Menschen abgeschoben.

Kommungen: Integrationsangebote sollen verpflichtend sein

Bund und Länder müssen nach Einschätzung der Kommunen deutlich mehr Geld ausgeben, damit Städte und Gemeinden die vielen Flüchtlinge integrieren können. „Bei den Kommunen liegt die Hauptlast, weil bei uns die Flüchtlinge letztlich ankommen“, sagte Eva Lohse (CDU), die Präsidentin des Deutschen Städtetags, nach einer Tagung in Hamburg. Es sei notwendig, die Zuwanderung von Flüchtlingen besser zu steuern, zu reduzieren und den Bau von zusätzlichem Wohnraum sowie die kommunalen Maßnahmen zur Integration finanziell abzusichern, sagte die Oberbürgermeisterin von Ludwigshafen.

Ein Katalog des Städtetags benennt als notwendige Schritte ein stärkeres Angebot an Sprach- und Integrationskursen, die Förderung von Kindern und Jugendlichen in Kitas und Schulen, gezielte Angebote zum Nachholen von Ausbildungsabschlüssen und Angebote der Weiterbildung. Solche Integrationsangebote sollten nach Ansicht der Kommunen in aller Regel für die Flüchtlinge verpflichtend sein.

Nahles: „Keine Auweichungen beim Mindestlohn“

Neuer Wohnraum sei vor allem in den Ballungszentren ein drängendes Problem, sagte der Vizepräsident des Städtetags, Nürnbergs Bürgermeister Ulrich Maly (SPD). Die bisher gewährte Aufstockung von Bundesmitteln um 500 Millionen Euro sei ein wichtiger Beitrag, gleichwohl aber deutlich zu gering. Der Städtetag schätzt den zusätzlichen Bedarf auf ein bis zwei Milliarden Euro.

Aus Griechenland meldete die die Internationale Organisation für Migration (IOM), dass die Zahl der Flüchtlinge, die von der Türkei aus über das Mittelmeer kommen, wegen des schlechten Wetters stark zurückgegangen ist. Am Sonntag ist ein Sondergipfel der EU-Staats- und Regierungschefs mit der Türkei geplant. Dabei soll ein Aktionsplan für eine verstärkte Zusammenarbeit in der Flüchtlingskrise vereinbart werden.

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) wies derweil Forderungen nach Aufweichungen beim Mindestlohn für Flüchtlinge strikt zurück. „Der Mindestlohn gilt für alle, egal welchen Pass jemand mitbringt“, sagte Nahles bei den Haushaltsberatungen im Bundestag.

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