Flüchtlinge am Berliner Oranienplatz: Zum Umzug bereit

Viele der Flüchtlinge vom Oranienplatz in Berlin-Kreuzberg lassen sich auf ein Angebot des Senats ein. Sie wollen in ein Haus umziehen und das Camp räumen.

Lösung in Sicht? Bild: dpa

BERLIN taz | Viele der Flüchtlinge vom Oranienplatz sind entschlossen, die Zelte und Hütten abzubauen und das Angebot des Senats anzunehmen. Das wurde am Dienstagnachmittag auf einer improvisierten Pressekonferenz vor Ort deutlich. Weiterhin nicht klar aber bleibt, ob alle mitziehen werden.

„Wir wollen unser Leben selbst in die Hand nehmen. Wir können nicht mehrere Jahre unter freiem Himmel schlafen“, sagte Bashir Zakariau aus Nigeria, einer der Sprecher der Flüchtlinge. Mehrer Männer stimmten in einen Sprechchor ein: „Wir akzeptieren den Vertrag.“

Zakariau erklärte, dass das Informationszelt auf dem Platz verbleiben solle. Zukünftig soll es allerdings ein Container sein. „Wir werden hierher kommen, um unseren Protest gegen die europäische Flüchtlingspolitik fortzusetzen.“

Vor zwei Wochen hatte Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) den Bewohnern des Oranienplatzes und der besetzten Gerhard-Hauptmann-Schule ein vorläufiges Bleiberecht, Deutschkurse, befristete Sozialhilfe, Einzelfallhilfe für ihre Asylverfahren und eine Unterbringung angeboten, wenn sie im Gegenzug den Oranienplatz räumen und dafür sorgen, dass dort keine neuen Flüchtlinge Quartier aufschlagen. Außerdem sollen sie nicht weiter in der Gerhard-Hauptmann-Schule wohnen. Das Angebot wurde in den ersten Tagen von den Flüchtlingen skeptisch bewertet. Vielen fehlten konkrete Zusagen zum Bleiberecht. Vor allem aber: Es gab noch kein Haus für die Flüchtlinge.

Das wurde inzwischen gefunden. Sozialsenator Mario Czaja (CDU) verkündete am Dienstag, dass ein Vertrag für eine Flüchtlingsunterkunft in Friedrichshain mit 102 Plätzen unterzeichnet wurde. Das ehemalige Hostel in der Nähe vom Ostkreuz sei sofort bezugsfertig. Es würde zwar nicht für alle Betroffenen reichen, für die 73 Bewohner des Oranienplatzes aber wäre es ausreichend. Für mehr als 200 Flüchtlinge, die entweder in der Gerhard-Hauptmann-Schule oder privat untergekommen sind, müssten weitere Plätze gefunden werden.

Falls diese überhaupt umziehen wollen. Denn auf der Pressekonferenz wurde auch klar, dass es gerade aus diesem Kreis heftige Widerstände gibt. „Wir müssen unseren Kampf fortsetzen, hier auf dem Oranienplatz, wo uns jeder sieht“, rief eine Frau. „Europa haut doch Afrika in alter kolonialer Tradition übers Ohr. Und ihr lasst euch spalten.“

Auch Bashir Zakariau musste einräumen, dass er nicht für die Bewohner der besetzten Kreuzberger Schule sprechen könne. Dort sei die Stimmung eine andere. Aber auf dem Oranienplatz haben die Besetzer inzwischen umgedacht.

Die Pressekonferenz war auch ein deutliches Signal der kompromissbereiten Flüchtlinge aus Afriika an die eigenen Leute. Ein Teil der Flüchtlinge, insbesondere diejenigen, die bereits seit November vergangenes Jahr in einem Heim der Caritas wohnen, will endlich die in Aussicht gestellte Duldung und die Sozialhilfe haben. Das gewährt der Senat aber erst, wenn der Oranienplatz geräumt ist.

Nach der Pressekonferenz machten sich knapp 40 Afrikaner auf den Weg, das Haus am Ostkreuz zu besichtigen. „Das Haus ist in Ordnung, die sanitären Einrichtungen sind sehr schön, wir können sofort einziehen“, erklärte Flüchtlingssprecher Zakariau im Anschluss. Allerdings gab es Diskussionen zur Zimmerbelegung: Drei Betten in einem Raum mit 20 Quadratmeter, das sei zu eng. Da werde man noch mal mit dem Senat diskutieren, ein Bett hinaus zu nehmen. Auch Vierbettzimmer sollten in Dreibettzimmer umgewandelt werden. Ob sich die Flüchtlinge damit durchsetzen, ist aber fraglich. Dann müsste der Senat ihnen mehr Raum zugestehen als gesetzlich vorgeschrieben.

Senatssprecher Richard Meng erklärte am Dienstag vor Journalisten: „Das Angebot des Senats steht.“ Integrationssenatorin Kolat sei weiter im Gespräch mit den Flüchtlingen. Die Senatorin hatte in der Sitzung der Landesregierung am Vormittag ihre Kollegen über den aktuellen Stand informiert. „Wir glauben, dass wir auf einem guten Weg sind, aber wir sind noch nicht am Ende“, sagte Meng.

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