Florett-Olympiasieger Kleibrink hört auf: „Wir sind ja nicht beim Fußball“

Florett-Olympiasieger Benjamin Kleibrink nimmt mit 27 Jahren überraschend Abschied vom Sport. Er will studieren und ins Berufsleben einsteigen.

Sieg in Peking: Benjamin Kleibrink. Bild: dpa

taz: Herr Kleibrink, Sie sind noch in einem gutem Wettkampfalter. Warum beenden Sie Ihre Karriere?

Benjamin Kleibrink: Im Anschluss an die Olympischen Spiele würde sich in meiner Sportart mit 27 Jahren jeder Gedanken darüber machen. Bei den nächsten Spielen wäre ich 31 – in dem Alter werden die Chancen nicht größer, noch etwas zu erreichen. Im Florett ist es ab 30 schwierig, eine olympische Medaille zu gewinnen, daher der Entschluss.

Für die Fechter zählt nur Olympia?

Das ist schon ein bisschen so. Wir sind eine Randsportart und haben jedes Jahr Welt- und Europameisterschaften. Das hat sich für mich nach sieben Jahren Turniersport abgenutzt. Den Stress, den der Leistungssport mit sich bringt, würde ich mir nur noch für Olympia antun.

Der Hauptgrund für Ihren Rücktritt ist, dass man als Fechter nur alle vier Jahre öffentlich wahrgenommen wird?

Nein, der Grund ist eher, dass man sich auch um sein Leben nach dem Sport kümmern muss. Wir sind ja nicht beim Fußball, wo man nach der Sportlaufbahn ausgesorgt hat. Ich beginne jetzt mit dem Masterstudium, das ist ein guter Zeitpunkt für den Rücktritt.

27, gewann 2008 in Peking als erster deutscher Fechter Gold mit dem Florett. Im Jahr 2012 wurde er Vizeeuropameister und holte mit dem Florettteam bei den Olympischen Spielen in London Bronze. Der gebürtige Düsseldorfer startete zuletzt für den FC Tauberbischofsheim. Nun hat er überraschend seinen Rücktritt vom Leistungssport erklärt.

Den Bachelor im Wirtschaftsrecht haben Sie während Ihrer sportlichen Laufbahn gemacht. War es bislang schwer, Leistungssport und Studium miteinander zu vereinbaren?

Bisher klappte das noch, aber während des Masterstudiums kann ich nicht Vollzeit zum Fechten gehen. Und in zwei Jahren will ich ins Berufsleben einsteigen. Spätestens dann wäre es unmöglich gewesen, den Sport so intensiv weiter zu betreiben. Wenn man es aber doch versucht, scheitert man vielleicht schon an der Qualifikation für Olympia. Das wollte ich mir ersparen.

Zuletzt haben Sie sich nach einem Motorradunfall 2011 wieder mühsam in die Weltspitze gekämpft.

Ja, das war auch ein großer Aufwand, aber ich habe immerhin Bronze mit der Mannschaft gewonnen. Dafür hat es sich gelohnt. Nun kann und will ich den Aufwand nicht mehr betreiben.

Spielten die geringen Verdienste im Fechten für den Entschluss auch eine Rolle?

Man geht ja nicht zum Fechten, um großes Geld zu verdienen, man geht erst einmal dahin, um Spaß zu haben. Also: Nein.

Derzeit wird eine Debatte um die Sportförderung geführt. Sie sei zu medaillenorientiert, zu bürokratisch und zu viele Verbände seien beteiligt. Wie sehen Sie die aktuelle Praxis?

Ich kann nur zu meiner Situation etwas sagen. Ich wurde knapp zehn Jahre lang von der Stiftung Sporthilfe unterstützt, das war der Großteil meiner Einnahmen. Dort habe ich zuletzt 18 Monate lang im Rahmen des ElitePlus-Programms 1.500 Euro monatlich bekommen. Das System Sporthilfe empfinde ich als gerecht. Zur Sportförderung durch das Bundesministerium des Innern kann ich nichts sagen.

Christian Breuer, Vorsitzender der Athletenkommission des Deutschen Olympischen Sportbunds, fordert, dass die schulische und berufliche Ausbildung der einzelnen Athleten in den Zielvereinbarungen verankert wird.

Das fände ich auch sinnvoll. So könnte man den Verbänden anhand der Vereinbarungen auf die Finger schauen. Wenn man derzeit etwa bei der Sportfördergruppe der Bundeswehr ist, wird man dort zwar finanziell unterstützt, es findet aber gar keine Weiterbildung für die Zeit danach statt.

Sie galten immer als jemand, der gegen alle Erwartungen von außen sein eigenes Ding durchgezogen hat. Sind Sie deshalb oft angeeckt?

Das war intern meist überhaupt kein Problem. Da fanden die Leute es eher immer gut, dass ich so war, wie ich war. Das wird von manchen Medien dann schnell so dargestellt, als sei man ein schwieriger, wenig umgänglicher Typ.

Ist es für Sie deshalb jetzt auch angenehm, dass Sie nun von der Öffentlichkeit verschont bleiben?

Nein, das nicht. Ich war nur nie besonders geil auf Medien, wie es vielleicht andere waren. Ich bin keine Rampensau.

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