Finanzmarkt in Italien: Traditionshaus vor dem Absturz

Der gesamte italienische Bankensektor ächzt unter faulen Krediten. Rom will die Bank MPS gerne entgegen EU-Regeln mit Staatshilfen retten.

Eingang zum Sitz der Monte-dei-Paschi-Bank in Siena

Der Monte-dei-Paschi-Sitz in der Schräglage kurz vorm Absturz Foto: dpa

ROM taz | Eigentlich standen die gravierenden Probleme des italienischen Bankensektors gar nicht auf der Tagesordnung des Eurogruppen-Treffens am Montag und des für Dienstag anberaumten Treffens der EU-Finanzminister. Doch Italiens Schatzminister Pier Carlo Padoan wird es sich kaum nehmen lassen, für die Rettungsprogramme seiner Regierung zu werben.

Denn Italiens drittgrößter Bank, dem Monte dei Paschi di Siena (MPS), droht der Absturz – mit allen zu erwartenden Schockwellen für den italie­nischen, ja für den gesamten europäischen Finanzsektor. Allein MPS hat in seinen Büchern die Unsumme von 47 Milliarden an Krediten, die von den Schuldnern gar nicht oder nur schleppend bedient werden. Vergangene Woche forderte die EZB die Traditionsbank ultimativ auf, den Berg an faulen Krediten in den nächsten drei Jahren um 10 Milliarden Euro abzutragen. Aus eigener Kraft kann MPS das nicht stemmen; private Anleger werden sich hüten, die für die Sanierung notwendige Kapitalerhöhung von 3 Milliarden Euro zu zeichnen.

MPS ist kein Einzelfall. Italiens gesamter Bankensektor schlägt sich mit faulen Krediten herum. 210 Milliarden Euro gelten als völlig uneinbringlich, weitere 150 Milliarden werden von den Schuldnern nur noch sporadisch bedient.

Es rächt sich nun, dass Italien nach dem Ausbruch der globalen Finanzmarktkrise im Jahr 2008 auf eine durchgreifende Sanierung seiner Banken verzichtet hatte. In Rom galt die Ansage, der italienische Finanzsektor gehöre zu den solideren in Europa. Doch dann zog die Krise der Realwirtschaft die Banken mit nach unten. Von 2007 bis 2014 büßte Italien 10 Prozent des Bruttoinlandsproduktes und gar 25 Prozent seiner Industrieproduktion ein. Das hieß: etliche Pleiten, ein wachsender Berg von Krediten, die durch bankrotte Firmen oder arbeitslose Privatschuldner nicht mehr bedient werden konnten.

Die Märkte sind kritischer geworden

So stieg die Summe uneinbringlicher Kredite von 59 Milliarden Euro im Jahr 2009 auf nunmehr über 200 Milliarden Euro. Abgeschrieben haben die Banken davon jedoch nur gut 120 Milliarden. Die 85 Milliarden, die sie weiter in ihren Büchern halten, gelten in dieser optimistischen Sicht als in Zukunft durchaus realisierbar.

Doch mit dem Wechsel der Aufsicht über die größeren Banken von der Banca d’Italia auf die EZB und dem gleichzeitig ergangenen Verbot weiterer Staatshilfen für angeschlagene Geldhäuser ist der Blick der Märkte weit kritischer geworden. Die Aktie des MPS, die noch im August 2015 bei 2 Euro notierte, ist mittlerweile auf dem Ramschniveau von 28 Cent angelangt.

Italiens Regierung will deshalb jetzt eine Ausnahmegenehmigung, um auch mit Staatshilfen dem MPS unter die Arme greifen und die unvermeidliche Kapitalerhöhung durchziehen zu können. Andernfalls droht dem MPS die Abwicklung, mit unmittelbaren Folgen für alle italienischen Banken. Und am Ende könnte eine europäische Bankenkrise stehen, die in ihrer Dramatik der Eurokrise von 2010/2011 gleichkommen könnte.

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