Finanzinvestor stellt sich quer: TTIP hebelt Verbraucherrechte aus

Warum sich der Manager Hans Schöpflin gegen das Freihandelsabkommen wehrt.

Freihandel ist unabdingbar für die Weltwirtschaft – wenn dieser in einem fairen Rahmen abläuft. Bild: dpa

Die mangelnde Transparenz der Verhandlungen zum Freihandelsabkommen TTIP passt nicht zum Konzept einer nachhaltigen Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft. Die Besonderheit bei TTIP ist der Schwerpunkt bei den „regulatorischen Handelshemmnissen“. Dabei gibt es schon heute kaum noch traditionelle Handelshemmnisse wie Zölle oder Abgaben zwischen der EU und den USA. Es geht daher bei den geplanten Verhandlungen in erster Linie darum, die gesetzlichen Regelungen und Vorschriften „handelsfreundlicher“ zu gestalten. Bei den „Hemmnissen“ handelt es sich aber um Vorschriften und Standards, die zum Schutz der Bürger bestehen.

Unter dem Deckmantel des Freihandels wird eine andere Agenda verfolgt: Mithilfe eines internationalen politischen Mechanismus Regeln einzusetzen, die auf normalen Gesetzgebungswege in den Ländern kaum durchsetzbar sind. Diese Regelungen sind mit großer Wahrscheinlichkeit im Sinne der transnationalen Konzerne und weniger im Sinne der Umwelt und der Verbraucher.

Um nicht falsch verstanden zu werden: Freihandel ist unabdingbar für die Weltwirtschaft – wenn dieser in einem fairen Rahmen abläuft und das insbesondere für Deutschland. Wenn aber die positive Einstellung der Bürgerinnen und Bürger zum Freihandel dazu benutzt wird, die Bürgerrechte zu schleifen, dann stelle ich mich dagegen.

ist in den USA erfolgreicher Manager und Finanzinvestor, er habe „funktioniert“, bis ihn der Tod seines Sohnes 1995 zur Besinnung gebracht habe, sagt er. Im Jahr 2001 gründete Hans Schöpflin die Rhea Panta Foundation in den USA und die Schöpflin-Stiftung in Deutschland. Beide Stiftungen unterstützen Menschen und Organisationen, die sich für eine bessere Zukunft für die kommenden Generationen und eine gerechtere Welt einsetzen.

Auch als immer noch aktiver amerikanischer Investor kann ich nur davor warnen, sich auf die Vernunft der Verhandler zu verlassen. Das Ziel von TTIP ist es, die Kosten der transnationalen Konzerne zu senken. Höhere Standards erhöhen die Kosten – von daher ist für eine nachhaltige faire Entwicklung der Umwelt- und Sozialstandards gar kein Platz. Die vorgesehene regulatorische Kooperation ist die logische Weiterentwicklung dieses Mechanismus. Alle Regulierungsvorhaben auf nationalstaatlicher Ebene diesseits und jenseits des Atlantiks müssen unter Beteiligung der Industrielobby abgestimmt werden. Das rüttelt an meinem Grundverständnis einer Gesetzgebung durch demokratisch legitimierte Parlamente.

Auch die positiven Effekte werden überbewertet. Eine aktuelle Analyse geht von einem Verlust von 600.000 Arbeitsplätzen durch TTIP in Europa in den kommenden 10 Jahren aus. Es gibt somit nicht nur Gewinner. Verlieren werden viele Arbeitnehmer – das Kapital gewinnt.

Mehr als Chlorhühnchen

Es geht bei TTIP also nicht nur um Blinker, Chlorhühnchen oder Fracking. Es geht darum, dass Verbraucher- und Umweltrechte wie das in Europa verfassungsrechtlich geschützte Vorsorgeprinzip (es sieht vor, dass schon bei begründetem Verdacht riskante Stoffe verboten werden) durch einen völkerrechtlich bindenden Vertrag ausgehebelt werden können.

Ich würde mir wünschen, dass die EU und die USA ein „Freihandelsabkommen“ aushandeln, das faire Produktionsbedingungen sowohl in Hinblick auf die Sozial- als auch Umweltstandards zum weltweiten Benchmark macht. Damit würden die Unternehmen weltweit zu einer faireren Produktion gezwungen. Wir hätten dann ein Abkommen für die Bürgerinnen und Bürger, die Umwelt und letztlich auch für erfolgreiche verantwortungsbewusste Unternehmen.

Hans Schöpflin, der Artikel ist erschienen in der Ausgabe zeo2 1/2015. Den Artikel können Sie gerne auf unserer Facebook-Seite diskutieren.