Finanzieren, Häuslebauen: Initiativen doch gerettet

Was Kleinanleger schützen sollte, bedrohte vor allem selbstverwaltete Wohnprojekte. Ihr Protest hatte Erfolg, wie ein neues Gesetz zeigt.

Der Traum vom Gemeinschaftshaus lässt sich wieder in einem Zug realisieren. Bild: taz

BREMEN taz | Die selbstverwalteten Wohnprojekte in Bremen können aufatmen: Die Gefahr, die vom neuen Gesetz zum Schutz von KleinanlegerInnen ausging, ist gebannt. Gerade hat es der Bundestag in dritter Lesung beschlossen – mit weit reichenden Änderungen zugunsten sozialer, gemeinnütziger und genossenschaftlicher Initiativen. Die sahen sich durch den ursprünglichen Gesetzentwurf der schwarz-roten Bundesregierung existenziell bedroht. Nun hatte ihr Protest Erfolg.

Das Problem: Die gemeinschaftlichen Wohnprojekte leihen sich in aller Regel Geld bei FreundInnen oder MitbewohnerInnen. Die bekommen, anders als Banken, keine formelle Sicherheit, dafür aber höhere Zinsen. Ohne solche Direktkredite wiederum gibt es für die Projekte aber auch kein Geld von der Bank.

Nun wollte die Bundesregierung für diese wichtigen Darlehen eine „Prospektpflicht“ einführen. Die Wohnprojekte hätten dann einmal im Jahr eine aufwändige Broschüre erstellen müssen, die KreditgeberInnen über alle Chancen und Risiken aufklären soll. Die aber kostet schnell mal 50.000 Euro.

Für viele Wohnprojekte hätte das radikale Mieterhöhungen oder sogar die Insolvenz bedeutet, sagt Volker Möhrchen von der Genossenschaft „Wohnen in Selbstverwaltung“, die die Stadtkommune „Alla Hopp“ trägt.

Auch neue Projekte dieser Art wären wohl nicht mehr entstanden, es sei denn, die BewohnerInnen können auf Reichtümer zurückgreifen. „Die Lage hat sich entspannt“, sagt Moritz Holtappels, der zusammen mit zwölf anderen Menschen in einem selbstverwalteten Mietshaus im Steintorviertel lebt.

Es gehört inzwischen seinen BewohnerInnen, die heute 6,84 Euro pro Quadratmeter an Miete zahlen. Auch beim Mietshäuser-Syndikat, einem bundesweiten Zusammenschluss von 94 Hausprojekten und 25 Initiativen, ist man erleichtert: „Wir sind mit einem blauen Auge davon gekommen.“

Von der Prospektpflicht ausgenommen sind nun auch Initiativen, die als GmbH organisiert sind, also in Unternehmensform – so wie Holtappels’ „Freies Haus 3d“ oder das Projekt „Mosaik“, das derzeit in Huckelriede baut, für rund 40 Menschen. Nicht betroffen ist nun auch, wer weniger als 2,5 Millionen Euro an Direktkrediten einwirbt.

Auch beim Zinssatz, den die Projekte für diese Darlehen zahlen dürfen, kamen SPD und CDU den Initiativen nun entgegen: 1,5 Prozent dürfen’s sein. Zunächst war geplant, dass Direktkredite nicht höher verzinst werden dürfen als Hypothekenpfandbriefe mit ähnlicher Laufzeit – aktuell sind das 0,1 Prozent. Damit wären sie aber völlig unattraktiv und kaum vermittelbar gewesen. Das Mietshäuser-Syndikat forderte deshalb, zwei Prozent zahlen zu dürfen.

Neu eingeführt wurde dafür ein generelles Provisionsverbot beim Vertrieb von Vermögensanlagen genossenschaftlicher, sozialer oder gemeinnütziger Projekte. FinanzmaklerInnen oder Banken dürfen kein Geld daran verdienen. Aus Holtappels’ Sicht ist das kein Problem. Zudem bekommen PrivatanlegerInnen nun ein 14-tägiges Widerrufsrecht.

Das Gesetz ist eine Reaktion auf die Pleite des Windkraftbetreibers Prokon, bei der 75.000 AnlegerInnen einen großen Teil der investierten 1,4 Milliarden Euro verlieren werden. Betroffen sind neben selbstverwalteten Wohnprojekten auch Dorfläden, kleinere Energieanlagen, Kitas oder die Freie Gemeinschaftsschule, die im Sommer in Bremen eröffnen will.

„Wir haben im Gesetzgebungsprozess Verbesserungen mit Augenmaß für diese Projekte durchgesetzt“, sagte der Finanzpolitiker Carsten Sieling, Bremer SPD-Bundestagsabgeordneter. Die Verbraucherzentralen sprechen von einer „passgenauen Regulierung“ und „handfesten Verbesserungen“. Sie kritisieren das Gesetz an anderer Stelle: Beim Crowdinvesting, der Schwarmfinanzierung via Internet, seien die Schutzstandards weiter „zu lax“.

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