Finale der Champions League: Alles, bloß nicht Zweiter

Jürgen Klopp ist erneut dazu verdammt, mit dem FC Liverpool den Titel zu gewinnen. Gegner Tottenham Hotspur will das verhindern.

Ein Mann lacht. Es ist Jürgen Klopp

Lange beim BVB, seit nicht ganz vier Jahren bei Liverpool: Jürgen Klopp Foto: ap

MADRID taz | Manchmal kann es dauern, über eine Enttäuschung hinwegzukommen. Das gilt im Sport genauso wie im echten Leben. Bei Jürgen Klopp ging es angeblich ganz schnell, vor einem Jahr, nach dem 1:3 des FC Liverpool im Finale der Champions League gegen Real Madrid. In einem Interview mit dem Independent hat der deutsche Trainer berichtet, wie er in den Morgenstunden nach der Partie am Flughafen in Kiew gestanden habe, in der Schlange für den Check-in, um ihn herum nur hängende Köpfe. In dieser Situation reifte in ihm offenbar der Entschluss, die Niederlage so schnell wie möglich zu vergessen.

Das hat hervorragend funktioniert, wenn man ihm glauben darf. „Als wir wieder in England gelandet waren, war ich schon darüber hinweg“, sagte er. Mehr noch: Er war hochmotiviert, so schnell wie möglich wieder das Finale zu erreichen und die Aufgabe zu erledigen, an der er in Kiew noch gescheitert war – Liverpool zum sechsten Mal zu den Königen Europas zu machen. Ein Jahr später besteht wieder die Chance darauf, und zwar an diesem Samstag, im Metropolitano-Stadion von Madrid gegen Tottenham Hotspur.

Klopp und seine Mannschaft haben die Niederlage aus der Vorsaison als Motivation genutzt, als Treibstoff auf dem Weg ins nächste Endspiel. „Sie war der Startschuss für die Entwicklung dieses Teams, zu 100 Prozent“, sagt er: „Wir konnten es nicht so stehen lassen.“ Zur Erinnerung: Die Partie gegen Real Madrid war unglücklich verloren gegangen. Torjäger Mohamed Salah musste früh mit einer Schulterverletzung ausgewechselt werden. Torwart Loris Karius erlitt eine Gehirnerschütterung und patzte doppelt. Das Gefühl, dass die Mannschaft kurz vorm Triumph stand, dass sie die Partie unter normalen Umständen möglicherweise gewonnen hätte, begleitete sie durch die Saison.

Doch der Wunsch nach Wiedergutmachung genügt nicht als Erklärung dafür, dass Liverpool zum zweiten Mal nacheinander im Endspiel um Europas Krone steht. Der Verein hat viel Geld investiert. Torwart Karius wurde durch den Brasilianer Alisson ersetzt, der für mehr als 60 Millionen Euro vom AS Rom kam. Die Investition hat sich gelohnt: Der neue Mann strahlt deutlich mehr Ruhe aus und hatte mit seinen Paraden großen Anteil daran, dass Liverpool in dieser Saison in der Liga die wenigsten Gegentore kassiert hat. In der Champions League bewahrte er seinen Arbeitgeber gegen Neapel mit einer Rettungstat in der Nachspielzeit vorm Aus. Die weiteren Zugänge Fabinho, Naby Keïta und Xherdan Shaqiri haben dazu geführt, dass Klopp mehr Optionen hat als im Vorjahr.

Die Niederlage von Kiew diente als Treibstoff auf dem Weg ins nächste Endspiel

Außerdem hat der Trainer in dieser Spielzeit verstärkt an Details gearbeitet. Er ließ intensiver Standardsituationen üben, mit dem Ergebnis, dass Liverpool zur besten Standard-Mannschaft der Premier League wurde. Er engagierte den dänischen Einwurf-Spezialisten Thomas Grønnemark, der dem Team 18 verschiedene Varianten dieser Disziplin beibrachte. Und er erkannte, dass auch die Balljungen zum Erfolg beitragen können. Klopp ließ sie vor der Auferstehung gegen den FC Barcelona im Halbfinal-Rückspiel instruieren, den Ball bei Einwürfen und Ecken schneller zurückzugeben. Nur so war es möglich, dass Trent Alexander-Arnold mit seiner Ecke vorm 4:0 die komplette Defensive des Gegners lächerlich machte.

Auch ein Fußballwunder lässt sich planen. Und so hat Klopp, der vor allem über seine Künste als Motivator und seinen krachenden Spielstil definiert wird, sich in dieser Saison als Tüftler zeigt, als ein Mann mit Blick für Kleinigkeiten. Jetzt also: Madrid, das Duell mit Tottenham.

Es ist ein besonderes Spiel für Klopp, er hat so viel Druck wie vielleicht noch nie. Seine Finalbilanz ist durchwachsen, er verlor die jüngsten sechs Endspiele mit Dortmund und Liverpool. In der Liga wurde seine Mannschaft in dieser Saison Vizemeister hinter Manchester City. So langsam droht dem Trainer der Ruf des ewigen Zweiten. Um das zu verhindern, braucht er den Sieg gegen Tottenham. Außerdem ist seine Mannschaft diesmal klarer Favorit – anders als 2013, im Endspiel gegen den FC Bayern, oder im vergangenen Jahr gegen Real Madrid. Liverpool landete in der Liga 26 Punkte vor Tottenham, beide Spiele in dieser Saison wurden gewonnen, jeweils 2:1. Klopp ist zuversichtlich. „Ich war nie mit einer besseren Mannschaft als dieser in einem Finale“, sagt er.

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