Feuer auf Gelände von Flüchtlingsheim: Entsetzen nach dem Brand

Auf dem Gelände der Berliner Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik brennt eine Turnhalle nieder. In unmittelbarer Nähe leben 900 Flüchtlinge.

Die Feuerwehr beim Löschen

Die Feuerwehr löscht den Brand einer Turnhalle, direkt neben einer Flüchtlingsunterkunft. Foto: dpa

BERLIN taz | Am rot-weißen Absperrband steht ein älteres Ehepaar. Sie halten ein Bettlaken in die Luft, das sie eilig mit einem Filzstift beschrieben haben: „Gegen Rechts“ steht auf der einen Seite, „Für Menschlichkeit“ auf der anderen. Ein Stück weiter verdunkelt eine gewaltige Rauchwolke den Himmel: Auf dem Gelände der ehemaligen Karl-Bonhoeffer-Klinik in Wittenau ist am Mittwochnachmittag eine Turnhalle komplett niedergebrannt – in unmittelbarer Nähe zu vier Flüchtlingsunterkünften auf dem Gelände, in denen insgesamt rund 900 Menschen wohnen.

Nur eine Wiese trennt die abgebrannte Halle von einer der Unterkünfte, die rund 150 Meter entfernt liegt. Ob es sich bei dem Feuer um Brandstiftung handelte, ist bis Mittwochabend nicht geklärt. Nach Auskunft eines Polizeisprechers müssen die Ruinen ausreichend abgekühlt sein, damit Untersuchungen zur Brandursache beginnen können.

Innensenator Frank Henkel (CDU), Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) und Sozialsenator Mario Czaja (CDU) machten sich am frühen Abend auf den Weg zur Halle, „um sich ein Bild der Lage zu verschaffen“, wie ein Sprecher mitteilte.

„Die Turnhalle wurde bisher nicht für die Unterbringung von Flüchtlingen genutzt und war auch nicht für eine solche Nutzung vorgesehen“, sagte Susann Hermenau, Sprecherin der Prisod GmbH, die die Unterkünfte auf dem Gelände betreibt. Laut Michael Schäffer, Leiter der Unterkünfte auf dem Gelände, gab es in der Halle allerdings Freizeitangebote für die Flüchtlinge: Neben regulären Sportangeboten verschiedener Vereine habe hier etwa auch ein wöchentliches Fußballspielen für Flüchtlingskinder stattgefunden. Das Gelände der ehemaligen Klinik hatte Sozialsenator Czaja vor einer Woche als eine von drei neuen Erstaufnahmestellen für Flüchtlinge vorgeschlagen, um so Entlastung für das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) zu schaffen.

Feuer schnell ausgebreitet

Als die Einsatzkräfte kurze Zeit nach dem um 15.42 Uhr eingegangenen Notruf vor Ort eintrafen, sei es bereits zu spät gewesen, sagt der Feuerwehrsprecher Andreas Ohlwein: Die Halle stand bereits lichterloh in Flammen, das Feuer habe sich sehr schnell ausgebreitet. Für den vor Ort anwesenden Piraten-Abgeordneten Fabio Reinhardt ein Hinweis auf Brandstiftung: „Dass sich das Feuer so schnell ausgebreitet hat, deutet auf einen geplanten Ausbruch hin.“ Als das Feuer in der Halle ausbrach, war diese laut Feuerwehrsprecher Andreas Ohlwein abgeschlossen, Personen hätten sich nicht darin befunden.

„Es ist beängstigend, dass jetzt auch in Berlin Gebäude brennen“, sagte der Abgeordnete Reinhardt. Der Linkenpolitiker Hakan Tas, ebenfalls vor Ort, forderte mehr Wachpersonal und Videoüberwachung für Flüchtlingsunterkünfte. Die Fraktionsvorsitzenden der SPD und CDU, Florian Graf und Raed Saleh, äußerten in Pressemitteilungen ihr Entsetzen über den Vorfall – so es sich denn um Brandstiftung handele.

Im Fall der geplanten Notunterkunft in Nauen, die in der Nacht zu Dienstag vollständig abgebrannt war, bestätigte die Polizei am Mittwoch den Verdacht der Brandstiftung: In den Ruinen der Halle fanden die Ermittler Brandbeschleuniger. „Damit kann ein technischer Defekt als Ursache ausgeschlossen werden. Es handelt sich um einen gezielten Anschlag“, sagte Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) am Mittwoch. Ein Bekennerschreiben sei bisher nicht eingegangen, teilte die Polizei mit, die jetzt mit einer neuen, 40-köpfigen Sonderkommission an dem Fall arbeitet.

Für den Abend riefen Flüchtlingsunterstützer dazu auf, zu dem Gelände der einstigen Klinik zu fahren und Solidarität zu zeigen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.