Fast 100 Millionen pro Kilometer: Röhrender Horch

Senat und Hochbahn wollen 30 Kilometer U-Bahn für 3,5 Milliarden Euro in den Hamburger Untergrund bohren. Der Zeitplan bleibt vage, die Finanzierung unklar.

Milliardenfressender Moloch: die Hamburger U-Bahn. Bild: dpa

HAMBURG taz | Der Hamburger Senat lässt baggern – koste es, was es wolle. In 25 Jahren rund 30 Kilometer neue U-Bahnen für mindestens 3,5 Milliarden buddeln ist der Kern des Verkehrskonzepts, das Verkehrssenator Frank Horch (parteilos) und Günter Elste, Vorstandschef der Hamburger Hochbahn (HHA) am Mittwoch im Rathaus präsentierten. Es sei „ein Konzept für Generationen“, schwärmte Horch über die Röhre. Wie es umgesetzt und finanziert werde solle, müsse jedoch „in den nächsten Jahren sorgfältig geprüft werden“.

Nach den Vorstellungen von Senat und Hochbahn soll eine neue U-Bahnlinie U5 in den Hamburger Untergrund gebohrt werden. Die Trasse soll von Bramfeld über Steilshoop zur Sengelmannstraße führen und von dort südwärts durch die City Nord, den Stadtpark, die Uhlenhorst und St. Georg zum Hauptbahnhof. Danach sind zwei Varianten denkbar: unter der Grindelallee zum Siemersplatz und dann westlich über die Arenen im Volkspark nach Lurup. Die südliche Variante durch die Innenstadt über Ottensen zu den Arenen und weiter nach Lurup.

Die Details sollten „in der nächsten Legislaturperiode in einer Machbarkeitsstudie untersucht werden“, so Elste, mit einem ersten Spatenstich sei frühestens Mitte nächsten Jahrzehnts zu rechnen. Deshalb könnten mittelfristig mehrere ergänzende Maßnahmen zuvor realisiert werden. Dazu zählen zwei neue Haltestellen der U1 in der Rothenbaumchausee an der Universität und in Oldenfelde im Hamburger Osten. Die U4 könnte um eine Station nach Osten bis zur Horner Geest verlängert werden und nach Süden unter der Elbe hindurch nach Wilhelmsburg. Zudem würde der lange diskutierte S-Bahnhof Ottensen entstehen.

Mit diesem Konzept wollen Senat und Hochbahn die Konsequenz ziehen aus ihrer Einschätzung, dass eine oberirdische Stadtbahn an Bürgerprotesten und Volksbegehren scheitern würde. „Eine Stadtbahn bekommen wir 14 Tage nach St. Nimmerlein“, sagt Elste, der selbst aber „weiterhin begeistert von der Stadtbahn ist“. Hier gehe es aber um ein realistisches Vorgehen: „Uns sitzt das Wachstum im Nacken.“ Seit Jahren steigen die Passagierzahlen im Hamburger Verkehrsverbund (HVV) Jahr für Jahr um zwei bis drei Prozent, hinzu kämen ökologische Erfordernisse.

Bislang gab es mehrere Entwürfe für eine Stadtbahn in Hamburg.

1998: Die rot-grüne Koalition skizziert ein Stadtbahnnetz von 42 Kilometern Länge. Dieses würde nach damaliger Schätzung etwa 1,5 Milliarden Mark kosten, die knappe Hälfte davon übernähme der Bund. 2001 stoppt der Schwarz-Schill-Senat den Plan.

2008: Die schwarz-grüne Koalition stellt eine neue Planung mit einem Netz von 52 Kilometern Länge vor. Baubeginn soll 2012 sein, der Betrieb 2014 starten.

2010: Die erste Trasse von Bramfeld nach Eppendorf wird präsentiert. Die 7,7 Kilometer sollen die Stadt nur 57 Millionen Euro kosten, den Rest zahle der Bund. Nach dem Bruch der schwarz-grünen Koalition stoppt Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU) das grüne Wunschprojekt.

„Luftreinhaltung und drohender Verkehrsinfarkt – wir haben Handlungsdruck“, so Elste.

Von „unterirdischer Verkehrspolitik“ sprechen die Grünen. Bei der vorgelegten Planung „stehen Kosten und Nutzen in keinem Verhältnis“, kommentiert Fraktionschef Jens Kerstan. Die angekündigte U5 sei „alles andere als realistisch“, glaubt der grüne Verkehrspolitiker Till Steffen.

„Weniger, teuer, später“, resümiert die CDU, die im Februar ein Konzept für ein Stadtbahnnetz vorgestellt hatte. Mit 2,7 Milliarden Euro für 93 Kilometer wäre es drei mal länger und deutlich billiger als die Senatspläne.

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