Extremwetter in den arabischen Emiraten: Dubai ertrinkt in Hochwasser
Der Wüstenstaat kämpft mit Starkregen, für den seine Infrastruktur nicht ausgelegt ist. Ein Zusammenhang mit der Erderhitzung ist wahrscheinlich.
Es seien die schwersten Regenfälle seit Beginn der Aufzeichnungen vor 75 Jahren, teilte das Nationale Zentrum für Meteorologie (NCM) am Mittwochabend mit. Expert:innen gehen davon aus, dass der Klimawandel die Extremwetter zumindest begünstigt hat. Es wurde aber auch darüber spekuliert, ob es in der Region Geoengineering-Versuche gegeben habe, künstlichen Regen zu erzeugen, die dann außer Kontrolle geraten seien.
Landesweit wurden Stromausfälle gemeldet, in einem Straßentunnel in der Nähe des Flughafens stand das Wasser bis unter das Dach. Auch in der nahe Dubai gelegenen Stadt Schardscha wateten die Menschen durch die überfluteten Straßen und paddelten in behelfsmäßigen Booten umher. Die Schulen in Dubai bleiben bis nächste Woche geschlossen. Ein 70-jähriger Mann kam nach Polizeiangaben im Emirat Ras al-Chaima ums Leben, nachdem er mit seinem Auto weggeschwemmt wurde.
„Es war eine der schrecklichsten Situationen, die ich je erlebt habe“, sagte ein Einwohner Dubais, dessen eigentlich 15-minütiger Arbeitsweg zu einer 12 Stunden dauernden Fußreise auf überfluteten Straßen ausgeartet war. „Ich wusste, wenn mein Auto eine Panne hätte, würde es sinken und ich würde mit ihm ertrinken.“
Infrastruktur beschädigt
Präsident Scheich Mohammed bin Sajed al-Nahjan wies die Behörden an, „den Zustand der Infrastruktur“ in den gesamtem Vereinigten Emiraten rasch zu untersuchen „und die entstandenen Schäden zu begrenzen“, wie die Nachrichtenagentur Wam berichtete.
Flugpassagiere wurden gebeten, nur im äußersten Notfall zum Flughafen von Dubai zu kommen. Bei der Fluggesellschaft Emirates waren am Mittwoch zeitweise keine Check-ins möglich, weil Personal und Passagiere angesichts überfluteter Zufahrtsstraßen und eingestellter U-Bahn-Linien Schwierigkeiten hatten, den Flughafen zu erreichen.
Tagelange Unwetter
Überall in den Vereinigten Arabischen Emiraten, in Teilen Katars und in Bahrain hatten in den vergangenen Tagen starke Niederschläge bei Stürmen für Überflutungen gesorgt. In Oman waren infolge der Unwetter am Sonntag und Montag 19 Menschen ums Leben gekommen.
Die deutsche Klimaforscherin Friederike Otto, die den Zusammenhang zwischen einzelnen Extremwetterereignissen und dem Klimawandel erforscht, sagte, die Stürme seien „höchstwahrscheinlich“ durch die globale Erwärmung verschlimmert worden.
In verschiedenen Medien wurde darüber spekuliert, ob verunglückte Versuche, künstlich Regen zu erzeugen, Ursache für das Extremwetter gewesen sein könnten. „So sieht die Sintflut aus“, sagte etwa Meteorologe Daniel Schrott im österreichischen Rundfunk ORF. „Da haben sie es mit dem Impfen (Cloud Seeding) vielleicht ein bisschen übertrieben“.
Wohl kein Geoengineering-Unfall
Die Vereinigten Arabischen Emirate, die im Schnitt weniger als 100 Millimeter Niederschlag bekommen, experimentieren tatsächlich seit 2002 mit künstlicher Abregnung. Beim sogenannten Cloud Seeding werden die Wolken per Kleinflugzeug mit Silberiodid- oder Kohlesäure-Eiskristallen „geimpft“. An diese kleinen Partikel heftet sich die Feuchtigkeit einer Wolke, bis Tropfen entstehen, die Gravitation erledigt dann den Rest.
Das lokale National Center of Meterology (NCM) erklärte allerdings, dass vor den Überschwemmungen keine Einsätze geflogen worden seien. Omar Al Yazeedi, der stellvertretende Generaldirektor des NCM, sagte: „Wir haben während dieses besonderen Wetterereignisses keine Seeding-Operationen durchgeführt. “ Das Wesen des Cloud Seeding besteht darin, die Wolken in einem früheren Stadium, vor dem Niederschlag, anzusteuern. Die Durchführung von Seeding-Aktivitäten während eines schweren Gewitterszenarios würde sich als sinnlos erweisen.
Auch unabhängige Experten halten die Spekulationen für nicht haltbar: Maarten Ambaum, Professor für Atmosphärenphysik und -dynamik an der University of Reading, sagte dem Guardian, dass „Cloud Seeding, zumindest in den Emiraten, für Wolken verwendet wird, die normalerweise keinen Regen produzieren … Daraus würde sich normalerweise kein schweres Gewitter entwickeln.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Scholz bezeichnet russischen Raketeneinsatz als „furchtbare Eskalation“
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung