Explosionen in Dresden: „Deutschland brennt“

Die Anschläge fallen in ein vergiftes Klima: Schon länger heizen Rechte die Stimmung an, für den 3. Oktober mobilisieren sie in der Stadt zum Protest.

Hinter einem rot-weißen Absperrband mit der Aufschrit „Polizeiabsperrung“ steht ein Polizist

Tatort in Dresden. War es Rechtsterrorismus? Foto: reuters

BERLIN taz | Der Aufruf ist martialisch. „Deutschland brennt“, spricht Ester Seitz in die Kamera. Das Handeln der Politiker, der „Volksverräter“, in der Flüchtlingskrise sei ein „Wahnsinn“, so die weit rechte Karlsruher Dauerdemonstrantin. „Die pure Existenz steht auf dem Spiel.“

Mit Seitz’ Video wirbt die Rechtsaußen-Gruppe „Festung Europa“ für ihre Kundgebung am 3. Oktober in Dresden. Ein „Tag der Einheit der Bürgerbewegungen“ soll es werden – einer der radikalen Flüchtlingsfeinde. Das ultrarechte Bündnis „Festung Europa“ schreibt sich einen Kampf gegen die „islamische Eroberung“ auf die Fahnen. Man sei dafür bereit, auch sein „Leben zu riskieren“, heißt es . In Dresden auftreten soll auch Petar Nizamov, Teil einer selbst ernannten bulgarischen „Grenzpatrouille“ gegen Flüchtlinge.

Und auch Pegida will am 3. Oktober in Dresden auf die Straße gehen. Auch dort verschärften sich zuletzt die Redebeiträge. Diesmal soll nun neben Anführer Lutz Bachmann Michael Stürzenberger auftreten, laut bayerischem Verfassungsschutz „derzeit die zentrale Figur der verfassungsschutzrelevanten islamfeindlichen Szene in Bayern“.

Die rechten Kundgebung heizen die derzeitige Spirale rassistischer Gewalt weiter an. Im laufenden Jahr wurden in Deutschland bereits 750 Straftaten gegen Asylunterkünfte verübt – im gesamten Vorjahr waren es 1.031. 58 der diesjährigen Taten waren Brandstiftungen, in vier Fällen kam es auch zu Sprengstoffexplosionen. Und zunehmend trifft die Gewalt auch Muslime: Allein im ersten Halbjahr zählten die Länderpolizeien 29 Attacken auf Moscheen.

War es Rechtsterrorismus?

Die Dresdner Tat reiht sich hier ein. Und bestätigt sich das von der Polizei vermutete, „fremdenfeindliche“ Motiv, müssten die Täter nach der „Gruppe Freital“ und der „Oldschool Society“ als dritte Gruppierung aus Sachsen unter Rechtsterrorverdacht gestellt werden.

Der Dresdner Anschlag sei der „Gipfel einer seit Monaten weithin ungebremsten Radikalisierung von rechts, die sich insbesondere im Raum Dresden beobachten lässt“, sagte die sächsische Linken-Innenexpertin Kerstin Köditz. Die Grüne Innenpolitikerin Irene Mihalic warnte, „wir müssen aufpassen, dass rechtsterroristische Tatzusammenhänge nicht wieder unerkannt bleiben“. Köditz verweist dabei auf ein auffälliges Datum: Die Tat geschah just am Jahrestag des rechtsextremen Oktoberfestattentats von 1980.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Mit der taz Bewegung bleibst Du auf dem Laufenden über Demos, Diskussionen und Aktionen gegen rechts.

Hier erfährst du mehr

Rechtsextreme Terroranschläge haben Tradition in Deutschland.

■ Beim Oktoberfest-Attentat im Jahr 1980 starben 13 Menschen in München.

■ Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) um Beate Zschäpe verübte bis 2011 zehn Morde und drei Anschläge.

■ Als Rechtsterroristen verurteilt wurde zuletzt die sächsische „Gruppe Freital“, ebenso die „Oldschool Society“ und die Gruppe „Revolution Chemnitz“.

■ Gegen den Bundeswehrsoldaten Franco A. wird wegen Rechtsterrorverdachts ermittelt.

■ Ein Attentäter erschoss in München im Jahr 2016 auch aus rassistischen Gründen neun Menschen.

■ Der CDU-Politiker Walter Lübcke wurde 2019 getötet. Der Rechtsextremist Stephan Ernst gilt als dringend tatverdächtig.

■ In die Synagoge in Halle versuchte Stephan B. am 9. Oktober 2019 zu stürmen und ermordete zwei Menschen.

■ In Hanau erschoss ein Mann am 19. Februar 2020 in Shisha-Bars neun Menschen und dann seine Mutter und sich selbst. Er hinterließ rassistische Pamphlete.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.