Europäischer Menschenrechts-Gerichtshof: Deutsche Medien scheitern

Der Axel-Springer-Verlag und der Fernsehsender RTL wollen das Foto eines Mannes veröffentlichen, der des Mordes angeklagt war. Sie scheitern nun vor Gericht.

Mann verdeckt sein gesicht mit einem Heft

Sollte nicht sein müssen: Ein Angeklagter versteckt sich, um sein Gesicht nicht in der Presse zu finden Foto: dpa

STRAßBURG afp | Der Axel-Springer-Verlag und der Privatsender RTL sind am Donnerstag vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte mit einer Beschwerde gegen Deutschland gescheitert. Bei dem Rechtsstreit ging es um das Verbot, Fotos und Aufnahmen eines jungen mutmaßlichen Mörders zu veröffentlichen, auf denen dieser identifiziert werden konnte. Die beiden Unternehmen hatten dies als Verstoß gegen die Pressefreiheit gewertet.

Der Straßburger Gerichtshof kam hingegen zu dem Schluss, die deutsche Justiz habe angemessen zwischen den Rechten des Angeklagten und dem Grundrecht auf Pressefreiheit abgewogen. Der damals 20-Jährige war im Juni 2010 wegen Mordes an seinen Eltern angeklagt worden. Zuvor hatte er die Tat gestanden. Am 11. Januar 2011 begann vor dem Landgericht Potsdam der Prozess.

Vor Beginn der Verhandlung hatte der Vorsitzende Richter Fotografen und Kameraleute darüber informiert, dass sie keine Aufnahmen des Angeklagten veröffentlichen dürften, auf denen dieser zu erkennen sei. Begründet wurde dies unter anderem mit dem Prinzip der Unschuldsvermutung, das bis zu einem rechtskräftigen Urteil gilt. Außerdem hatte der Angeklagte um dieses Verbot gebeten.

Einige Tage nach Prozessbeginn forderte der Vorsitzende Richter mehrere Fotografen und Kameraleute – darunter die des Axel-Springer-Verlags und des Senders RTL – auf, sich gegenüber dem Gericht zu verpflichten, die Auflage einzuhalten. Sie sollten zusagen, ihre Aufnahmen von dem Angeklagten unkenntlich zu machen, etwa durch Verpixeln. Nur unter dieser Auflage durften sie den Prozess weiter verfolgen.

Der Axel-Springer-Verlag und der Privatsender RTL forderten eine Aufhebung des Verbots. Sie argumentierten unter anderem, der Angeklagte habe den Mord an seinen Eltern gestanden. In Deutschland zogen die beiden Unternehmen vergeblich durch die Instanzen. Das Bundesverfassungsgericht nahm ihre Beschwerde im Februar 2012 nicht an.

Der Gerichtshof für Menschenrechte schloss sich nun im Wesentlichen den Argumenten der deutschen Justiz an. Er verwies darauf, dass die Presse zu dem Prozess zugelassen war. Das Verbot der Veröffentlichung von Aufnahmen, auf denen der Angeklagte erkannt werden konnte, habe das Recht der Öffentlichkeit auf Information nicht unangemessen eingeschränkt. Mit dieser Maßnahme habe die deutsche Justiz zudem mögliche negative Folgen für eine spätere soziale Wiedereingliederung des jungen Manns verhindern wollen.

Das Urteil wurde von den sieben Richtern einer kleinen Kammer gefällt. Die Beschwerdeführer können dagegen binnen drei Monaten Rechtsmittel einlegen. Der Gerichtshof kann den Fall dann zur Überprüfung an die 17 Richter der großen Kammer verweisen – er muss dies aber nicht tun.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.