Europäische Bankenkontrolle: Aufsicht mit vielen Ausnahmen

Die EZB übernimmt die Kontrolle über 120 systemrelevante Geldinstitute. Kritiker sehen genau darin einen klassischen Interessenskonflikt.

Frankfurter Skyline: Auch deutsche Banken werden von der EZB beaufsichtigt. Bild: reuters

BRÜSSEL taz | Ende gut, alles gut? Nach jahrelangem Streit übernimmt am Dienstag die Europäische Zentralbank (EZB) in Frankfurt die Aufsicht über 120 systemrelevante Banken im Euroraum. Die neue Bankenaufsicht gilt als Grundstein für die geplante Bankenunion. Der grüne Finanzexperte Sven Giegold spricht sogar von einem „Meilenstein für mehr Finanzmarktstabilität in Europa“. Doch der Teufel steckt im Detail, Krisen wird es auch künftig geben.

Wie wacklig das Bankensystem in Euroland immer noch ist, hat gerade erst der Stresstest der EZB gezeigt. Insgesamt 25 Geldinstitute fielen durch, 13 müssen nun nachbessern und frisches Kapital aufnehmen. Betroffen sind vor allem italienische Institute, doch auch in anderen Ländern gibt es Probleme. So musste die EU im Sommer Portugal helfen, die angeschlagene Banco Espirito Sancto zu stützen – dabei sollte es mit Bail-outs eigentlich vorbei sein. Künftig sollen nämlich nicht mehr die Steuerzahler, sondern die Besitzer und Anleger einer Bank die Zeche begleichen, wenn etwas schiefgeht.

Die EU zieht damit die Lehre aus der Eurokrise, in der reihenweise Banken gerettet werden mussten – auch in Deutschland. Mit der Commerzbank, Hypo Real Estate und mehreren abgewickelten Landesbanken war Deutschland sogar das Land, das mit am meisten für unfähige Banker berappen musste. Damit es künftig erst gar nicht mehr zu Bankpleiten kommt, soll nun die EZB die Geschäfte überwachen. Allerdings sind die meisten kleinen Geldhäuser, darunter auch fast alle deutschen Sparkassen, ausgenommen. Auf massiven Druck der Bankenlobby und mit energischer Unterstützung von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble verbleiben sie unter nationaler Aufsicht.

In Deutschland ist diese Kontrolle zersplittert – die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) und die Bundesbank teilen sich den Job. Die Bundesbank hat die Kontrolle an sich zu reißen versucht. Schäuble habe diesen „Geheimplan“ aber verhindert, berichtete die Süddeutsche Zeitung in der vergangenen Woche. Das Gerangel dürfte jedoch weitergehen – und die Aufsicht schwächen.

Bedenken zur Rolle der EZB

Auch an der Rolle der EZB gibt es Zweifel. Schließlich ist es die Zentralbank, die die Banken mit Geld versorgt, seit einiger Zeit sogar fast zum Nulltarif. Dieselbe Institution soll nun über die Systembanken wachen – ein klassischer Interessenskonflikt.

Die EZB will ihn lösen, indem sie eine räumliche und institutionelle Trennung von Geldpolitik und Bankenaufsicht einführt. Die neue Kontrollbehörde unter Führung der Französin Danièle Nouy zieht in den Frankfurter Eurotower. Dieser wird allerdings erst nach dem Umzug der EZB in ihre neue Zentrale im Ostend frei. Bis dahin arbeiten die rund 1.000 Aufseher an verschiedenen Standorten in Frankfurt. Zudem steht die Bankenaufsicht nicht direkt unter der Regie des EZB-Rates, der die Geldpolitik steuert. Vielmehr gibt es ein neues Aufsichtsgremium, das aus Vertretern der EZB und der nationalen Kontrollbehörden besteht.

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