Europa am 1. Mai: Radikaler Euro-Verdruss

Am 1. Mai beschäftigt sich die radikale Linke vor allem mit der Eurokrise – auch mit Blick auf die Europawahl in drei Wochen. Ihr Grundton: Angst.

Einzige Hoffnung der radikalen Linken: Syriza-Chef Alexis Tsipras Bild: ap

BERLIN taz | Ganz an der Spitze der Berliner Revolutionären 1.-Mai-Demo sollen sie laufen: Gewerkschafter aus Griechenland, Spanien und der Türkei. Ein Ausdruck internationaler Solidarität sei das, bekunden die Organisatoren. Und ein Statement: Vertreter der EU-Krisenländer führen den Protest im taktangebenden Land der Sparpolitik an, in Deutschland.

„Für ganze Gesellschaften stellt sich gerade die Existenzfrage“, sagt Eurydike Bersi. Die griechische Journalistin wird sich am 1. Mai in die Demo-Spitze einreihen. Schon im letzten Jahr wurde diese in Berlin von einer griechischen Delegation angeführt. „Ich bin mir nicht sicher, ob die Menschen in Deutschland verstehen, wie viel auch hier auf dem Spiel steht“, sagt Bersi.

Es wird eines der zentralen Themen des 1. Mai für die radikale Linke: die EU-Austeritätspolitik. „Krise ohne Ende“, heißt es im Berliner Demo-Aufruf. In Hamburg geht es neben Mieten und Lohndumping um die Lampedusa-Flüchtlinge, Gestrandete einer „Odyssee durch Europa“. In Köln dagegen, dass Deutschland „sich Europa unterwirft“. Auch in Stuttgart und Magdeburg wird gegen spanische Jugendarbeitslosigkeit oder „Hunger in Griechenland“ demonstriert.

Es ist eine bewusste Botschaft – gut drei Wochen vor der Europawahl. Der Blick der radikalen Linken auf Brüssel ist aber vor allem durch eines geprägt: Ablehnung und Angst. „Undemokratisch, militaristisch, neoliberal“ sei die EU, heißt es in einem Werbevideo für die Berliner Demo. Auch auf der Pressekonferenz am Dienstag ist von einem „militaristischen Moloch EU“ die Rede, der sich gegen Flüchtlinge abschotte und nach der Europawahl vor einem „rassistischen Rechtsruck“ stehe.

Bilder zur Geschichte der Mai-Demos in Berlin gibt es hier.

„Auf strukturelle Veränderungen der EU-Institutionen habe ich keine Hoffnungen“, sagt auch Hanno Bruchmann vom Frankfurter Blockupy-Bündnis. Das organisiert vor der Europawahl bundesweit Protestaktionen gegen die EU-Krisenpolitik. Bruchmann verteidigt eine europäische Perspektive. „Wir sollten internationalistische Politik ernst nehmen.“ Die Krise habe in Südeuropa „starke linke Bewegungen und Parteien mit Ausstrahlungskraft für Gesamteuropa“ hervorgebracht, so Bruchmann.

Als Hoffnungsträger gilt der Szene die griechische Syriza. Der Chef der radikalen Linkspartei, Alexis Tsipras, ist Spitzenkandidat der Linksfraktion im Europaparlament. In Umfragen liegt Syriza bei rund 20 Prozent. Ein Erfolg der Partei, heißt es in einem aktuellen Beitrag der Intenventionistischen Linken, einem linksradikalen Netzwerk, könnte dem Protest endlich eine „dringend nötige Durchsetzungsperspektive“ geben, einen Ausweg aus den „letztlich erfolglosen Abwehrkämpfen“.

In Deutschland wird vorerst auf die Blockupy-Proteste in Berlin, Hamburg, Stuttgart und Düsseldorf gesetzt. Im Herbst soll dann in Frankfurt die Eröffnung der neuen Europäischen Zentralbank in Frankfurt blockiert werden – mit „transnationaler“ Hilfe.

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