Erstes WM-Spiel der Deutschen: Erhörte Gebete

Beim Auftaktspiel gegen China läuft nicht alles rund. Verpasste Chancen und verletzte Spielerinnen sind das Resultat. Zum Sieg reicht es trotzdem.

Carolin Simon liegt nach einem Zusammenstoß auf dem Platz

Kein Spiel für Zartbesaitete: Nicht nur Carolin Simon musste einen Zusammenstoß in Kauf nehmen Foto: dpa

RENNES taz | Der Herrgott hat es also gerichtet. Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg faltete die Hände und pustete erst einmal ganz tief durch nach dem Abpfiff. Warum sie das getan hat? „Ich habe mich bedankt“, sagte sie nach dem 1:0-Erfolg der deutschen Auswahl im WM-Auftaktspiel gegen China. Bei derart viel Glück kann man schon einmal ein Stoßgebet zum Dank gen Himmel schicken. Die Deutschen hätten das Spiel nach einer miesen halben Stunde in der ersten Hälfte auch verlieren können. Haben sie aber nicht.

Das kann an Gott gelegen haben, am Schicksal, am Unvermögen der Chinesinnen im Abschluss und einmal hat es ganz sicher an Almuth Schult gelegen. Die Torhüterin warf sich vor die chinesische Angreiferin Wang Shanshan, die den Ball, den sie gerade an den Pfosten gezimmert hatte, in einem zweiten Versuch ins Tor schießen wollte. Schult wusste das zu verhindern und sprach nach dem Spiel beinahe stolz von dem blauen Fleck, den sie sich bei ihrer Rettungsaktion eingehandelt hat.

Sie hat von hinten auch gesehen, wie schwer sich die deutschen Feldspielerinnen an diesem Tag getan haben und war doch stolz, auf die „Kampfenergie“, mit der ihr Team das Spiel dann doch noch für sich entscheiden konnte. Es war überhaupt viel von Kampf die Rede nach dem Spiel, von Zweikämpfen und von Härte. Wer aus so einem Spiel drei Punkte mitnehme, der könne sich daran machen, „mit Selbstvertrauen besseren Fußball zu spielen“, so Schult. Am Mittwoch gegen Spanien soll schon alles besser sein.

Besseren Fußball hatte sich auch Trainerin Voss-Tecklenburg vorgestellt. Die Passfolgen, die Laufwege, die man doch trainiert habe, hat sie nicht gesehen. Stattdessen viel zu viele lange Bälle. „Viel Langholz“, wie Almuth Schult das genannt hat.

Ein überhartes Spiel der Chinesinnen

Dzsenifer Marozsan, die angekündigt hatte, jeden Ball zu fordern, das Spiel an sich ziehen zu wollen, musste zusehen, wie die Bälle über sie hinwegflogen. Dann orientierte sie sich weiter nach vorne, doch da war kein Platz für sie und bald fragte man sich, ob sie überhaupt noch auf dem Feld stand. In der zweiten Hälfte konnte sie dann eh nicht mehr, wie sie wollte: Nach einem Foul konnte sie sich nicht mehr richtig bewegen. „Der Fuß sieht schlecht aus“, meinte Voss-Tecklenburg. Gut möglich, dass die Deutschen zwar das Spiel gewonnen, ihre Spielmacherin aber verloren haben.

Nach der Partie ist also erst einmal Wunden lecken angesagt. Nach dem überharten Spiel der Chinesinnen, das die Bundestrainerin als „grenzwertig“ bezeichnete, sei kaum eine Spielerin ohne Verletzung vom Platz gegangen. Dann zählte sie Namen auf: Svenja Huth, Sara Däbritz, Melanie Leupolz, Almuth Schult und Dszenifer Maroszan. Man müsste sich nicht wundern, wenn sie jemanden vergessen hätte. 19 Fouls pfiff Schiedsrichterin Marie-Soleil Beaudoin aus Kanada gegen chinesische Spielerinnen, die keine Rücksicht nahmen auf die Sprunggelenke der deutschen WM-Spielerinnen.

Nicht nur die Ärtze und Physios des Teams werden die Partie aufarbeiten müssen. Auch Verteidigerin Sara Doorsoun-Kajeh wird noch länger an das Spiel denken. Zwei irre Querpässe, die sie im Spielaufbau heranstürmenden Chinesinnen regelrecht in die Beine gespielt hat, waren zur Pause das Gesprächsthema. Auch sie selbst hätte sich nicht gewundert, wenn sie nach der Pause nicht mehr hätte mitspielen dürfen. Doch die Bundestrainerin wollte, dass sich die Wolfsburgerin beweist. Sie will etwas aufbauen.

Dass dies länger halten soll als bis zum Ende der WM zeigt ihr Vertrauen in junge Spielerinnen. Nach der Pause schickte sie die 17-jährige Freiburgerin Lena Oberdorf aufs Feld, die vor allem ihren robusten Körper den rabiaten Chinesinnen in den Weg stellen sollte. Sie ist jetzt die jüngste Deutsche, die je bei einer WM gespielt hat. „Echt? Wusste ich gar nicht“, meinte sie, als man es ihr nach dem Spiel sagte. Und sie wollte sich auch gar nicht so recht freuen darüber „nach so einem Spiel“. Neben ihr in der Mixed Zone des Stadions in Rennes stand da die Zweitjüngste im Team, Giulia Gwinn. Die hatte mit ihrem Schuss aus 18 Metern in der 66. Minute für die Entscheidung gesorgt. Ihr Kommentar zum Spiel? „Was am Ende zählt, sind drei Punkte.“ Gott sei's gedankt!

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.