Erste Homo-Kontaktanzeige in Indien: „Suche Bräutigam für meinen Sohn“

Wie viele andere indische Mütter wollte Padma Iyer ihren Sohn per Zeitungsanzeige verkuppeln. Ihre Suche nach einem Bräutigam wurde zur Sensation.

Trotz kolonialem Vermächtnis: Gay Pride in Chennai. Bild: dpa

BERLIN taz | Hochzeiten zu arrangieren ist gar nicht einfach. Selbst wenn sich Familien schon kennen, werden Hochzeiten in Indien nach streng formalen Kriterien ausgelotet: Alter, Größe, Aussehen, Bildungsabschluss, Einkommen – all das muss bei Braut und Bräutigam zueinander passen. Oft auch der Hautton und die Klassen- oder Kastenzugehörigkeit. Und wer im persönlichen Netzwerk niemanden findet, kann eine Kontaktanzeige schalten. Meist tun das die Eltern für ihre Kinder.

So auch Padma Iyer. Anfang der Woche schaltete sie ein Gesuch für ihren Sohn: „Suche 25-40 Jahre alten, tierlieben, vegetarischen Bräutigam für meinen Sohn (36), keine Kaste ausgeschlossen (Iyers bevorzugt).“ (Anm. d. Red: Iyer ist eine Kastenbezeichnung, die auch als Nachname übernommen wird) Soweit so gewöhnlich.

Oder doch nicht. Denn die Kontaktanzeige ist vermutlich die erste, die offen nach einem homosexuellen Partner sucht. Sie wurde in sozialen Netzwerken gefeiert, denn Homosexualität ist durch ein 155 Jahre altes Kolonialgesetz in Indien verboten. Viele regten sich aber auch über die beschriebene Kastenpräferenz auf.

Harrish Iyer, der so angebotene Bräutigam, ist kein Unbekannter: Er ist ein bekannter Aktivist, der sich für LGBT-Rechte, aber auch für Tierrechte und gegen sexuelle Gewalt einsetzt. 2013 wurde er von dem Guardian zu einem der einflussreichsten LGBT-Aktivisten der Welt gezählt, er erschien auf Platz 71 von 100.

Bräutigamsgesuch. Screenshot: Harrish Iyer

Ob die Anzeige ernst gemeint war, ist unklar. Öffentlich kokettieren die Iyers damit, dass sie etwas ganz Gewöhnliches sei: Seine Mutter meine, er müsse langsam eine Familie gründen, sagte Harrish Iyer. Da sei sie „wie die meisten indischen Mütter“. Das mit dem Vorzug für die Iyers-Kaste sei übrigens ein Witz, schrieb Padma Iyer.

Dass die Iyers nun Probleme mit dem Gesetz kriegen ist unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen. Das alte Kolonialgesetz verbietet „Geschlechtsverkehr gegen die natürliche Ordnung“ und wird von Polizisten vor allem als Hebel genutzt, um Homosexuelle zu schikanieren. Iyers Prominenz könnte ihn davor schützen. Seit der Unabhängigkeit Indiens sind nur sehr wenige aufgrund des Gesetzes verurteilt worden. Immerhin führte es trotzdem dazu, dass die drei größten Zeitungen Indiens absagten, bevor die Boulevardzeitung Mid-Day die Anzeige veröffentlichte.

Mid-Day-Herausgeber Sachin Kalbag erklärte, er habe anders als die anderen Zeitungen überhaupt kein Problem gesehen. „Menschenrechte sollten für alle gelten, ungeachtet ihrer Religion, Kaste, Hautfarbe, sexuellen Orientierung etc“, schrieb er in einer Stellungnahme an die Medien des Landes. Auch die Times of India, die zunächst die Anzeige abgelehnt hatte, schrieb über Padma Iyer, sie sei eine „coole Mutter“. Die Regierung solle endlich dieses veraltete, repressive Gesetz loswerden, das die persönliche Freiheit einschränke.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.