Kommentar Erneuter Lokführerstreik: Bahnvorstand will Unterwerfung

Der Bahnvorstand trickst und täuscht. Die Wut der Fahrgäste sollte sich gegen ihn und nicht gegen die Gewerkschaften richten.

Das wird der längste Streik in der Geschichte der Deutschen Bahn. Im Bild: ein Hemmschuh. Bild: dpa

BERLIN taz | Jetzt langt die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) richtig zu: eine ganze Woche Streik. Erst soll ab Montagnachmittag der Güter-, dann ab Dienstagmorgen der Personenverkehr auf der Schiene stillstehen. Bis kommenden Sonntag. So lange wie noch nie in der Geschichte der Deutschen Bahn. Haben die denn noch alle Tassen im Schrank?

Die Antwort darauf ist davon abhängig, wer mit dieser Frage gemeint ist. Wie bei den sieben Ausständen zuvor ist zwar das mediale Wehklagen über die vermeintlich unbotmäßigen Lokführergewerkschafter riesengroß. Aber trifft der Unmut wirklich die Richtigen? Die Wut der Fahrgäste sollte sich besser gegen den Bahnvorstand richten. Denn wenn in diesem Konflikt jemand überzieht, dann diese fünf Herren und eine Dame, die auf Kosten der Bahnkunden ihre Machtspiele treiben.

Die Bahn hat im vergangenen Geschäftsjahr einen Gewinn vor Steuern und Zinsen von 2,1 Milliarden Euro eingefahren. Hätte der Konzernvorstand frühzeitig einen für alle Seiten akzeptablen Abschluss angestrebt, anstatt die seit zehn Monaten andauernde Tarifauseinandersetzung immer weiter in die Länge zu ziehen, wäre er noch höher ausgefallen. Aber die großen Konzernlenker legten erst monatelang gar nichts vor, um dann ein „Angebot“ zu unterbreiten, das nicht viel mehr als ein schlechter Witz ist.

Der Bahnvorstand trickst und täuscht. Er gibt vor, mit der GDL und der konkurrierenden Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) gleichberechtigt zu verhandeln, setzt aber offenkundig nur auf eine Einigung mit der als handzahmer geltenden EVG. Sonst hätte er sich nicht darauf beschränkt, beiden nur eine prozentuale Lohnerhöhung anzubieten – die im Übrigen sowohl hinter den diesjährigen Abschlüssen in der Metall- und Elektroindustrie als auch im öffentlichen Dienst zurückbleibt.

Manager in Regress nehmen

Im Gegensatz zur EVG fordert die GDL zusätzlich eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit und eine Begrenzung der Überstunden. Doch das ignoriert die Arbeitgeberseite stur. Sie weckt nicht mal den Anschein eines Entgegenkommens ­– was nicht so kompliziert wäre, da Arbeitszeitverkürzungen mit Lohnerhöhungen gegenrechenbar sind. Stattdessen: kein Kompromissvorschlag, nichts.

Dabei würden Zugeständnisse in diesen Fragen keineswegs das erklärte Ziel der Bahn torpedieren, unterschiedliche Regelungen für ein und dieselbe Mitarbeitergruppe zu vermeiden. Denn nur weil es nicht auf ihrem Forderungszettel steht, würde sich die EVG sicherlich nicht einer Arbeitszeit- und Überstundenreduzierung widersetzen.

Aber dem Bahnvorstand geht es nicht um eine Verständigung, sondern um Unterwerfung. Entweder die GDL gibt klein bei – oder sie wird per anstehenden Tarifeinheitsgesetz klein gemacht. Das ist das zynische Kalkül. Was bleibt da der Lokführergewerkschaft anderes als der Streik? Die Kosten, die der Bahn durch die Kamikazestrategie ihres Führungspersonals bislang entstanden sind, sollen sich auf rund 200 Millionen Euro belaufen, den neuesten Ausstand noch nicht mitgerechnet.

Statt über Einschränkungen des Streikrechts nachzudenken, sollte endlich darüber diskutiert werden, wie Manager für den Schaden, den sie vorsätzlich anrichten, in Regress genommen werden können. Das würde den Bahnvorstand sicherlich kompromissfähiger machen. Was nicht nur den Bahnbeschäftigten, sondern auch uns Bahnkunden zu wünschen wäre.

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