Energiepolitik im Ukraine-Konflikt: EU will sich von Russland lösen

Die EU-Kommission fordert mehr Energieeffizienz und mehr Flüssiggas aus Golfstaaten, um unabhängiger von Russland zu werden. Erneuerbare kommen im Konzept nicht vor.

Hand am Hahn: Gazprom-Mitarbeiter im ukrainischen Stryj. Bild: reuters

BRÜSSEL afp/dpa/taz | Angesichts der Ukraine-Krise will die Europäische Union die Abhängigkeit von Energie-Importen aus Russland senken. Die EU und die Regierungen der Mitgliedstaaten müssten ihre Infrastruktur verbessern, „energieeffizienter werden und besser unsere eigenen Ressourcen ausbeuten“, sagte EU-Energiekommissar Günther Oettinger am Mittwoch in Brüssel. Kommissionspräsident José Manuel Barroso mahnte: „Im Licht einer Abhängigkeit von über 50 Prozent bei den Energieimporten müssen wir weitere Schritte tun.“

Oettinger kündigte mehrere konkrete Vorschläge an. Beim Thema Effizienz werde die Kommission in den nächsten Wochen von den Regierungen vorgelegte Aktionspläne auswerten und dann im September eine neue Strategie vorschlagen. Um die Abhängigkeit von Russland beim Erdgas zu verringern, soll unter anderem der Bau von Terminals für Flüssiggas vorangetrieben werden. An solchen Stationen kann Erdgas umgeschlagen werden, das per Schiff zum Beispiel aus den Golfstaaten nach Europa transportiert werden könnte.

Es sei "bemerkenswert", dass Oettinger die erneuerbaren Energien mit keinem Wort erwähnt habe, kritisierte der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE). "Die Vorschläge beschränken sich auf die Absicherung der bestehenden fossilen Versorgung. Herr Oettinger macht den konventionellen Energieerzeugern ein Abschiedsgeschenk. Zukunftsweisende Ideen hat er dagegen nicht", sagte BEE-Geschäftsführer Hermann Falk.

Aktueller Anlass der EU-Vorschläge ist die Ukraine-Krise und damit vor allem die Gefahr, dass russische Gaslieferungen unterbrochen werden könnten. Aber auch bei anderen Energieträgern hängen die Europäer teils stark von Drittstaaten ab. Am problematischsten ist nach Angaben der Kommission allerdings die Situation beim Gas.

Steinmeiers flehende Worte

Laut einer zusammen mit den Handlungsvorschlägen vorgelegten Studie verbraucht die EU zwar heute weniger Energie als noch vor knapp zehn Jahren – Hintergrund waren unter anderem die Wirtschaftskrise und ein sparsameres Verhalten. Trotzdem stieg zugleich die Abhängigkeit von Drittstaaten, weil der Studie zufolge die Förderung von eigenen Energievorkommen in Europa stärker zurückging als der Verbrauch.

Der Konflikt zwischen der Ukraine und Russland über unbezahlte Gasrechnungen beeinflusst auch direkt die Versorgungssicherheit in Europa: Große Teile des russischen Gases vor allem für Osteuropa fließen durch ukrainische Leitungen. Deshalb richtete Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) recht flehende Worte an die Streithähne. Der Lösungsvorschlag von EU-Kommissar Oettinger zum Gasstreit sei der „einzig gangbare Weg“, sagte Steinmeier am Mittwoch bei einer Energiekonferenz in Berlin.

„Ich bin mir sicher, selbst wenn es jetzt noch Verzögerungen geben wird, es gibt keine Alternative zu dem was Oettinger gemeinsam mit seinen Kollegen aus der Ukraine und Russland diskutiert hat“, Zugleich deutete er an, dass eine Einigung noch dauern könne. Noch am Dienstag habe er den Eindruck gehabt, dass es an diesem Mittwoch endgültige Entscheidungen gebe könne, sagte Steinmeier.

Am Montag hatte Oettinger der Ukraine und Russland einen Vorschlag unterbreitet, wonach ein Teil der milliardenschweren Altschulden von der Ukraine bis diesen Donnerstag bezahlt wird und dann am Freitag über künftige Preise für das russische Gas verhandelt werden könnte.

Die Ukraine ist skeptisch

Während Russland vorsichtige Zustimmung signalisierte, hatte die Ukraine sich skeptisch gezeigt. Ministerpräsident Arseni Jazenjuk verwies auf die Abspaltung der Krim und die Gasmengen dort, die somit mit von Russland übernommen wurden. Russland hat gedroht, ab Anfang Juni nur noch gegen Vorkasse zu liefern.

Die Ukraine will ihre Altschulden erst zahlen, wenn es auch eine Einigung über Preise für April und Mai sowie für die Zukunft gibt. Diese sind nach massiver Erhöhung der Forderungen durch Russland strittig.

„Mein Plädoyer ist wirklich an alle Beteiligten, die Möglichkeit eines vorläufigen Verständnisses über Gas-Lieferungen in die Ukraine jetzt zu Ende zu bringen“, sagte Steinmeier. Von dem Gas-Konflikt dürften keine zusätzlichen Belastungen ausgehen. „Deshalb hoffe ich, dass das gelingen wird.“ Auch Russland müsse ein Interesse daran haben, weiter als zuverlässiger Lieferant zu gelten. Zudem hätten Energiefragen selbst in Zeiten des Kalten Krieges die Beziehungen zwischen Ost und West nicht zusätzlich belastet.

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