Energiegipfel in Hamburg: "Eine reine Alibi-Veranstaltung"

Anfang oder PR? Im Rathaus reden Senat, Energieproduzenten und Organisationen über die Energiewende. Klare Ergebnisse gibt es allerdings nicht

Immerhin ein Energieberg: Windrad auf der ehemaligen Mülldeponie Georgswerder in Wilhelmsburg. Bild: dpa

Es war symbolträchtig elf Minuten vor zwölf Uhr am gestrigen Donnerstagmittag, als die Türen des Phönixsaals im Hamburger Rathaus sich öffneten und die TeilnehmerInnen des 1. Hamburger Energiegipfels (siehe Kasten) vor die Presse traten.

Sechs Minuten mehr Zeit bis zur Klimakatastrophe habe die Stadt allerdings nicht gewonnen, stellte der sichtlich schlecht gelaunte Vorsitzende des Hamburger Naturschutzbundes (Nabu), Alexander Porschke, klar: „Das war eine reine Alibi-Veranstaltung.“

Der SPD-Senat habe das Ziel der früheren schwarz-grünen Regierung, den Ausstoß an Kohlendioxid bis 2030 um 40 Prozent zu reduzieren, relativiert, kritisierte Porschke: „Jetzt heißt es nur noch, Hamburg wolle dazu einen Beitrag leisten.“ Und über den Verkehrssektor sei gar nicht gesprochen worden: „Weniger Lärm, weniger Dreck, mehr umweltfreundliche Mobilität – das sind doch Themen, die man nicht ausblenden kann“, so der frühere grüne Umweltsenator.

Der Hamburg-Chef von Vattenfall, Pieter Wasmuth, sah hingegen die Chance, „zu einer gemeinsamen Stoßrichtung aller Beteiligten“ zu kommen: „Sich zu vernetzen, ist sinnvoll.“

Bürgermeister Olaf Scholz sprach von einem „guten Anfang“. Er betrachte das Thema „nicht als Eintagsfliege, sondern langfristig“. Wenn 2022 das AKW Brokdorf als letztes im Norden vom Netz genommen werde, „muss die Energiewende geklappt haben“, definierte Scholz den zeitlichen Horizont. „Dann brauchen wir in großem Maßstab erneuerbare Energie.“

Im Umfeld des Bürgermeisters wird der Begriff "Energiegipfel" nicht mehr gerne gehört. Es handele sich um "Gespräche zur Umsetzung der Energiewende", so die Relativierung.

Teilnehmer Senat: Olaf Scholz (Erster Bürgermeister), Dorothee Stapelfeldt (Wissenschaft), Frank Horch (Wirtschaft und Verkehr), Jutta Blankau (Stadtentwicklung und Umwelt).

Geladene Organisationen: Industrie-, Wirtschafts- und Hafenverbände; Handels und Handwerkskammer; Naturschutzverbände; Energiekonzerne und Ökostrom-Produzenten; Wohnungsbauverbände und -genossenschaften; Hochschulen.

Themen: Produktion sauberer Energie und Energie sparen.

Deshalb habe er „die Hoffnung auf gemeinsame Taten“ bei der energetischen Sanierung von Wohnungen, bei umweltfreundlicher Strom- und Wärmeerzeugung, bei dem Bemühen, den Hamburger Hafen zu einem „smart port“ zu machen: einer energieeffizienten großindustriellen Anlage mit Wind- und Solaranlagen, Elektromobilität und Landstromanschlüssen für Schiffe. „Das sind vordringliche Themen“, so Scholz.

Die Kritik des Nabu-Chefs Porschke könne er nicht nachvollziehen. Wenn dieser über Verkehr sprechen wolle, solle er einen Vorschlag für die Tagesordnung machen: „Wir reden über alles, niemand hat Sprechverbot“, so Scholz.

„Der Erfahrungsaustausch hat einen Wert an sich“, räumte auch Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), ein. Jedoch blieben ungeklärte Konfliktlinien „etwa über die Kürzung des Klimaschutzprogramms“ bestehen. „Von einer wirklichen Energiewende“, so Braasch, „sind wir damit noch weit entfernt.“

Noch vor der Sommerpause will Scholz zu einer zweiten Gesprächsrunde ins Rathaus laden, kündigte er an. Möglich seien auch Arbeitsgruppen zu Einzelthemen wie Wärmedämmung, an denen nur die unmittelbar Beteiligten teilnähmen, hieß es aus seinem Umfeld.

Der Gipfel sei „nur ein Energiehügel“, spottete die Chefin der Linksfraktion, Dora Heyenn, von einer „PR-Nummer“ sprach der grüne Fraktionschef Jens Kerstan. Im Hinblick auf den Volksentscheid über die Energienetze wolle Scholz nur „Dialogbereitschaft sogar mit Umweltschützern signalisieren“, vermutet Kerstan: „Aber beim Handeln hält er sich weiter an die Atomkonzerne.“

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