Elbphilharmonie: Baustelle in schlechter Verfassung

Hamburgs CDU will den Vertrag der Stadt mit dem Baukonzern Hochtief wegen einer Schadensersatzklausel vor Gericht anfechten.

Kommt vielleicht vors Verfassungsgericht: Am Vertrag zur Elbphilharmonie stößt sich Hamburgs CDU. Bild: dpa

HAMBURG taz | Die Elbphilharmonie soll ein Fall für das Hamburgische Verfassungsgericht werden. Die CDU-Bürgerschaftsfraktion prüft zurzeit die juristischen Details einer Klage gegen den Vertrag, den der Senat im April mit dem Essener Baukonzern Hochtief abgeschlossen hatte. Dabei geht es vornehmlich um die Frage, ob nur Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) wegen eines Verstoßes gegen die Hamburgische Verfassung gerügt wird – oder gleich der ganze Vertrag für nichtig erklärt. Letzteres könnte das Ende bedeuten für die Bauarbeiten am Konzerthaus in der Hafencity, das einst von der CDU ersonnen worden war.

Die Vereinbarung mit Hochtief war am Mittwoch voriger Woche auf einer Sondersitzung der Bürgerschaft mit den Stimmen der allein regierenden SPD gebilligt worden. CDU-, Grünen- und Linksfraktion stimmten dagegen, die FDP enthielt sich. Der Vertrag sei nicht „durch einen von der Bürgerschaft genehmigten Haushaltstitel gedeckt“ gewesen, sagt nun der CDU-Abgeordnete Andreas Wankum. Gleichwohl sei der Senat ein Finanzrisiko „von mehr als 200 Millionen Euro eingegangen“. Damit sei der Vertrag „ein Verstoß gegen das Budgetrecht der Bürgerschaft, gegen die Landeshaushaltsordnung und gegen die Hamburgische Verfassung“, sagt Wankum. „Die gilt auch für Bürgermeister Olaf Scholz. Der Senat muss sich an die Spielregeln halten.“

Nach langwierigen Verhandlungen, federführend geführt von Bürgermeister Scholz, hatte der Senat mit dem Baukonzern eine Einigung über die Fertigstellung der Elbphilharmonie getroffen. Danach erhöht sich die Bausumme um weitere 195 Millionen Euro auf einen „Globalpauschalfestpreis“ von 575 Millionen Euro. Die Gesamtkosten für den Steuerzahler inklusive aller Neben- und Planungskosten belaufen sich laut Senat gar auf 789 Millionen Euro. Im Gegenzug übernimmt Hochtief das gesamte Risiko für Mängel und Nachbesserungen und sagt die Fertigstellung für den Oktober 2016 zu. „Alle Risiken liegen bei Hochtief“, lobte Scholz sich dafür in der Bürgerschaft selbst, „für die Stadt gibt es keinerlei Nachteile.“

Die gebe es sehr wohl, behauptet nun die CDU: Denn in Ziffer 18.3 des Vertrages erklärt sich die Stadt zu umfassenden Schadenersatzzahlungen an Hochtief bereit. Sollte die Bürgerschaft den Vertrag nicht billigen, werde die Stadt „Aufwendungen erstatten“, die das Unternehmen „im Vertrauen auf den Bestand dieses Nachtrags erbracht hat“. Dieser Passus führe „unmittelbar mit dessen Abschluss zu Verpflichtungen mit erheblicher finanzieller Bedeutung“, schreibt der von der CDU mit der Prüfung beauftragte Rechtsanwalt Jörg Peter Strasburger in einem Memorandum, das der taz vorliegt. Im Hinblick auf die Hamburgische Verfassung sei eine „über- oder außerplanmäßige Ausgabe“ ohne Zustimmung der Bürgerschaft „verfassungswidrig“, so Strasburger.

Beim Projekt Elbphilharmonie steigen die Kosten kontinuierlich.

Im Juli 2005 beziffert eine erste Machbarkeitsstudie den Anteil der Stadt auf 77 Millionen Euro.

Im November 2006 steigt die Summe auf 114,3 Millionen Euro.

Im November 2008 räumt der Senat ein, der Anteil der Stadt erhöhe sich auf 323 Millionen Euro.

Im Dezember 2012 kündigt Bürgermeister Olaf Scholz eine Einigung mit Hochtief an. Der "Globalpauschalfestpreis" für die Stadt steige auf 575 Millionen Euro.

Seit April 2013 kostet die Elphi inklusive aller Nebenkosten und Steuern 865 Millionen Euro, davon entfallen 789 Millionen Euro auf Ham

Solche Ausgaben tätigen dürfe der Senat nur bei einem „unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedürfnis“ wie zum Beispiel zur unmittelbaren Bekämpfung einer Naturkatastrophe. In seiner Antwort auf eine Anfrage Wankums im Mai hatte der Senat jedoch klargestellt, dass ein Scheitern des Vertrages in der Bürgerschaft nicht in diese Kategorie falle: „Die Feststellung eines vorhergesehenen und unabweisbaren Bedürfnisses hat der Senat nicht getroffen.“

Deshalb, folgert nun Christdemokrat Wankum, war der Senat auch nicht befugt, die Schadenersatzklausel abzuschließen. Denn zur Deckung des Kostenrisikos könnten aus zwei Haushaltstiteln der Kultur- und der Finanzbehörde höchstens 97 Millionen Euro genutzt werden. Im schlimmsten Fall aber hätte die Stadt für den gesamten vereinbarten Betrag zu haften – „mit allem Drum und Dran mehr als 200 Millionen Euro, die es im Haushalt nicht gibt“, sagt Wankum. „So geht das nicht.“

Die formelle Entscheidung über die Verfassungsklage soll bis Ende kommenden Monats fallen. Dann ist CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich aus dem Urlaub zurück. „Das muss dann sicher auch politisch beraten und erwogen werden“, sagt Wankum, „das werden wir dann sorgfältig tun.“ CDU-Fraktionsvize und Haushaltsexperte Roland Heintze sieht das genauso: „Dieser Vertrag ist schlecht für Hamburg. Wenn es eine Chance gibt, ihn zu stoppen, sollten wir das machen.“

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