Eishockey in Hannover: Vor halb leeren Rängen

Vor zweieinhalb Jahren holten die Hannover Scorpions die Deutsche Meisterschaft. Seitdem geht es bergab. Schuld ist das Spielsystem im deutschen Profi-Eishockey, aber auch die Sportkonkurrenz in der Stadt.

Keine leichte Aufgabe: Scorpions-Trainer Igor Pavlov. Bild: dpa

HANNOVER taz | Ganz oben, im dritten Stock ihrer weitläufigen Heimat, wurde das große Dilemma wieder einmal sichtbar. Es ist schon erschreckend lange her, dass es die Hannover Scorpions geschafft haben, die 10.500 Zuschauer fassende Tui-Arena stattlich zu füllen. Auch bei der gestrigen 1:2-Heimniederlage gegen die starken Kölner Haie, immerhin eine der derzeit spielstärksten Mannschaften der Deutschen Eishockey-Liga (DEL), blieb der Oberrang der riesigen Multifunktionshalle verwaist. Spieltag 33, 4.437 Zuschauer: Der Mangel an Zuspruch bleibt auch zur vermeintlich schönsten Eishockeyzeit des Jahres ein treuer Begleiter der Scorpions.

Natürlich ist es gemein, ausgerechnet die Scorpions immer wieder mit der Zuschauerproblematik in der DEL in Verbindung zu bringen. Denn trotz mancher Imagekapriole gehört die Mannschaft seit 16 Jahren der höchsten deutschen Spielklasse an und verdient schon für dieses Stehvermögen Applaus. Doch dem vorläufigen Höhepunkt der Vereinsgeschichte, dem überraschenden Titelgewinn vor zweieinhalb Jahren, folgte ein erschreckend langes Stimmungstief.

Schade und beängstigend, so formuliert es der erfahrene Verteidiger Sascha Goc, sei der Blick auf die Zuschauerstatistik seines Arbeitgebers. Lediglich rund 2.900 zahlende Kunden wollen regelmäßig die heimischen Auftritte der Scorpions miterleben. Auch schwachen Kopfrechnern dürfte einleuchten, dass das zu wenig für schwarze Zahlen ist.

Auf die Frage, wie sich das alles rechnen und finanzieren soll, sucht in Hannover seit Jahren ein millionenschwerer Bauunternehmer nach einer Antwort. Günter Papenburg verliert Stück für Stück den Spaß daran, als Eigner der Tui-Arena in eine defizitäre Puck-Firma zu investieren. Mit Auftritten von Pink, Helene Fischer und den Toten Hosen dagegen ließ sich auch der allerletzte Sitzplatz der zur Expo 2000 errichteten Halle verkaufen. Je weniger Geld Papenburg in die Scorpions investiert, desto geringer sind aber auch ihre Chancen auf mitreißende Taten.

Nicht nur in Hannover haben der deutsche Profi-Eishockey und die DEL seit Jahren einen schweren Stand. Eine normale Saison in der Eliteliga besteht aus 52 Vorrundenpartien. Die besten zehn Teams dürfen erst danach tatsächlich um den Titel spielen – mit viel Glück gehören die Scorpions in dieser Saison wieder zu diesem erlauchten Kreis. Selbst der treueste Fan dürfte angesichts dieser Vielzahl an Spielen Mühe haben, bei der Stange zu bleiben.

Außerdem haben die Scorpions ein Standortproblem. Marco Stichnoth, der frühere Manager und aktuelle Sportdirektor des Vereins, bringt gerne das schöne Bild vom Kuchen ins Spiel. Im Kampf um die Gunst der Zuschauer wollen sich in Hannover mehrere Anbieter des bezahlten Sports ein Stück davon sichern. Das mit Abstand größte steht den Bundesligafußballern von Hannover 96 zu, die Massen anlocken. Aber auch die Handballer der TSV Hannover-Burgdorf, die derzeit eine Chance auf einen Platz im internationalen Geschäft haben, sind mit ihren Auftritten in der 1. Bundesliga ein unangenehmer Rivale. Dazu kommt mit den Hannover Indians ein weiterer Eishockeyklub, der in der 2. Bundesliga um sein Stammpublikum buhlt.

Im beschwerlichen Kampf um Kuchenstücke fällt so manches Besondere bei den Scorpions unter den Tisch. So zum Beispiel, dass mit Thomas Greiss derzeit ein prominenter Leihspieler aus der nordamerikanischen Profiliga NHL das Tor hütet. Der 26-Jährige gehört zu den großen Namen seiner Branche, kann jedoch auch nicht immer helfen. Beim vorentscheidenden 0:2 (33.) durch den Kölner Felix Schütz war Greiss gestern machtlos.

„Das Team braucht euch“ – der Hallensprecher flehte die Fans in den letzten Spielminuten regelrecht an. Aber das Ehrentor der tapferen Scorpions von Morten Green (42.) kam zu spät, um noch eine Überraschung möglich zu machen.

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